Lausitzer Rundschau: Jedem sein Lukas Die NSA-Spähaffäre im Wahlkampf
Cottbus (ots)
Wenn du mit einem Finger auf jemanden zeigst, zeigen die anderen auf dich zurück. Wie wahr diese alte Weisheit ist, erlebt gerade die SPD. Sie hat sich in der Datenaffäre mächtig aufgeplustert. Jedoch weniger in der Sache. Hätte sie in der Sache völlig anders gedacht als die Union, dann hätte ihre Konsequenz zum Beispiel nicht geheißen, dass Vorratsdaten nur drei statt sechs Monate gespeichert werden sollen. Sondern dann hätte sie die Vorratsdatenspeicherung ganz abgelehnt. Oder sie hätte mehr Transparenz bei der Kontrolle der Geheimdienste verlangt. Oder die Zusammenarbeit der Geheimdienste mit den USA infrage gestellt. Nichts von alledem. Stattdessen hieß ihr vordringliches Zielobjekt von vornherein Ronald Pofalla, CDU, der als Kanzleramtsminister oberster Chef der Geheimdienste ist. Und tatsächlich bot Pofalla mit seinem anfänglichen Schweigen ja auch große Angriffsflächen. Außerdem hatte man mit ihm sogleich auch Angela Merkel selbst im Schussfeld, um die es eigentlich geht. Forsch warf Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ihr schon vor, ihren Amtseid gebrochen zu haben, weil sie es zulasse, dass die Datenschutzrechte deutscher Bürger, Grundrechte immerhin, von einer ausländischen Macht verletzt würden. Doch jetzt wird immer deutlicher: Mindestens die Ausspähung in Deutschland, 500 Millionen Datensätze pro Monat, veranstaltete offenbar nicht der amerikanische Geheimdienst NSA, sondern der deutsche Bundesnachrichtendienst BND. Und zwar vom bayerischen Bad Aibling aus. Angeblich betraf das nur die Auslandskommunikation, angeblich waren die Daten, die er den Amerikanern lieferte, um Namen bereinigt und angeblich wurden keine Deutschen ausgespäht. Ob das stimmt? Und: Wird das immer noch praktiziert? Das fragt schon fast keiner mehr, denn jetzt geht es plötzlich um eine andere Person. Schließlich wurde die Basis für diese enge Zusammenarbeit der Geheimdienste bei der Terrorabwehr 2002 von der damaligen rot-grünen Regierung durch ein Abkommen mit den USA gelegt. Zu Zeiten der "uneingeschränkten Solidarität" des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder. Also zeigt der Zeigefinger der CDU, begleitet von "Heuchler"-Rufen, sofort auf den seinerzeit Verantwortlichen: Frank-Walter Steinmeier (SPD). So hat schnell jeder seinen Lukas zum Hauen gefunden. Die Datenaffäre, die so viele Bürger ängstigt, ist direkt in den Wahlkampfmodus gegenseitiger Beschuldigungen übergegangen. Die Phase der Aufklärung wird einfach übersprungen. Und die Phase der Formulierung rechtlicher und politischer Konsequenzen - möglichst sogar gemeinsam über die Parteigrenzen hinweg - erst gar nicht angepeilt.
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