Lausitzer Rundschau: Klitschko gegen die Mafia Boxchampion kandidiert für die Präsidentenwahl in der Ukraine
Cottbus (ots)
Eines muss man Vitali Klitschko lassen: Mut hat der Mann. Das mag bei einem Boxweltmeister selbstverständlich sein. Aber hier geht es um deutlich mehr als um eine blutende Lippe oder eine gebrochene Nase. In der politischen Arena in Kiew gibt es keine fairen Kämpfe und keine neutralen Ringrichter. Man denke nur an die willkürlich eingekerkerte Julia Timoschenko. Oder an Ex-Präsident Viktor Juschtschenko, der einen Dioxin-Anschlag mit viel Glück überlebte. Den Clan, der hinter dem autoritären Präsidenten Viktor Janukowitsch steht, bezeichnen seine Rivalen nicht von ungefähr als "Donezker Mafia". Berüchtigte Oligarchen gehören dazu, allen voran der Stahlbaron Rinat Achmetow. Er ist als rechte Hand des später ermordeten Donezker Paten Achat Bragin alias "Alik der Grieche" zu Reichtum gelangt. Heute steuert Achmetow die Politik nicht nur in der Ost-Ukraine. EU-Außenminister reisten bereits nach Donezk, um mit ihm über die Annäherung zwischen Brüssel und Kiew zu sprechen. Klitschko will es dennoch wissen und fordert den ehemaligen Amateurboxer Janukowitsch heraus. Das klingt nach Duell. In Wirklichkeit sind die persönlichen Ambitionen der beiden Nebensache. Klitschko steht als einziger Politiker in der Ukraine für einen Neuanfang und für eine klare demokratische und europäische Perspektive. Das verdient jede Unterstützung im Westen. Die Revolutionäre in Orange um Timoschenko und Juschtschenko haben diese Hilfe nicht bekommen - und scheiterten. Die EU und die USA dürfen denselben Fehler nicht ein zweites Mal machen. Bleibt die Frage: Kann Klitschko Politik? Aber ja! Wer den 42-Jährigen reden hört, merkt schnell, dass er etwas von der Sache versteht. Mit Kenntnis, Klugheit und einigen Dutzend Dollarmillionen aus dem Profisport ist es aber nicht getan. Ihm gegenüber steht eine milliardenschwere Machtmaschine, die sich auf den Staats- und Sicherheitsapparat stützen kann. Klitschko hat nur dann eine Chance in diesem Kampf, wenn er die Bevölkerung für sich gewinnen kann. Leicht wird das nicht. Die Menschen bewundern den Boxer zwar für seine Erfolge im Sport. Sie sind stolz auf ihn. Zugleich aber ist Klitschko einer, der von außen kommt. Ihm fehlt (noch) der Stallgeruch, zumal die Medien des Landes meist an die herrschenden Oligarchen gebunden und nicht unbedingt Klitschko-Förderer sind. An seinem Stehvermögen im Land arbeitet Klitschko derzeit mit aller Kraft. Als Fraktionschef seiner Partei Udar (Schlag) leistet der Zwei-Meter-Mann im Parlament in Kiew Graswurzelarbeit. All das wird aber nichts nützen, wenn es 2015 keine freien Wahlen gibt. Deswegen ist es eine zentrale Aufgabe der westlichen Staatengemeinschaft, die Ukraine endlich wieder auf ihren Radarschirm zu nehmen und mit Zuckerbrot und Peitsche auf die Politik in Kiew einzuwirken. Es ist in unserem ureigenen Interesse.
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