Pressestimmen: 13. August - der Jahrestag des Mauerbaus
Cottbus (ots)
Es gibt über die Mauer einfache Lügen. Etwa die, dass das Bauwerk die Republik vor irgendetwas schützen sollte. Oder die andere Lüge, wonach es solche Mauern ja überall gibt. Aber anderswo sollen Zäune und Mauern das Eindringen in ein Land verhindern. Darum ging es der DDR aber nie. Nur eines bezweckte der gigantische Aufwand an der innerdeutschen Grenze: Die Menschen zwangsweise im Land zu halten. Aber auch wer dies nicht bestreitet, gerät leicht in Gefahr, sich in der Unwahrheit zu verheddern. Es sei dem Arbeiter- und Bauernstaat unter den gegebenen Umständen gar nichts anderes übrig geblieben, als zu mauern. Des Weltfriedens wegen und aufgrund der Konfrontation der Blöcke musste demnach die DDR weitermachen. Und weil nur so der sozialistische Staat eine Chance zum Aufbau gehabt habe. Folglich wäre dann die DDR nicht wegen der Mauer zerbrochen, sondern weil ihr Schutzwall fiel. Tatsächlich verschwunden aber ist die missratende Republik, weil ihre Herrscher auf Zwang setzten. Nur so glaubte die SED, die Gesellschaft zusammenhalten zu können. Weil immer die Wagemutigsten, aber auch die Einfallsreichsten zuerst gehen, wurde die Mauer gebaut. Weil zu viele gehen wollten, mussten alle bleiben. Aber wer bleiben muss, ist zumeist nicht wirklich dabei. Die Mauer war der Schutzwall gegen die freie Entscheidung. Den Preis für die vermeintliche Sicherheit in ihrem Schatten zahlten nicht nur die, die an ihr so elendig starben. Der Preis war ein Land, das zur Erneuerung nicht mehr fähig war, weil die Lust auf Neues, auf den Aufbruch ins Unbekannte eingemauert wurde. Darin auch liegt die noch lange nicht abgezahlte Hypothek des 13. August. Dass sich zu viele zu lange daran gewöhnt haben, sich im erzwungenen Weitermachen einzurichten. Zu viele haben zu lange auf Zwang mit stiller Verweigerung reagiert. Und können mit den Lügen über die Mauer besser leben als mit der Wahrheit, dass der Mensch frei geboren ist und selbst sein Glück bestimmen muss.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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