Lausitzer Rundschau: EU-Verfassungsgipfel gescheitert
Cottbus (ots)
Durchgefallen. Ziel verfehlt. Der erste Test der 25er-Gemeinschaft ging prompt daneben. Monate hatten sich ihre politischen Spitzen eingesetzt, gestritten und gerungen, um aus dem Konventsentwurf die erste EU-Verfassung zu schmieden. Vergeblich. Was zum Debüt werden sollte, geriet zum Desaster. Die Schuldigen waren rasch gefunden, der "schwarze Peter" ging nach Warschau und Madrid. Aber waren es wirklich einzig und allein die beiden Mittelmächte, die mit ihren nationalen Egoismen den Gipfel zum Fiasko machten? Gab es da nicht auch ein gewisses Interesse der großen Staaten, den Karren an die Wand zu fahren und den Widerspenstigen zu zeigen, wer Koch und wer Kellner ist im großen Club der EU? Die Polen - müssen sie europäisches Miteinander nicht erst lernen? Und erteilt man den sturen Strukturhilfe-Großempfängern in Spanien nicht allzu gern eine Lektion? Ein letztes Urteil ist noch nicht gefällt. Fest steht jedoch, dass das Ziel, auf das sich alles konzentrieren sollte, erst einmal verloren ist: die Führbarkeit des Kolosses. Das Prinzip der Einstimmigkeit sollte überwunden, abgelöst werden durch Mehrheitsentscheidungen in den wichtigsten Bereichen. Erst dann kann man Handeln effizient gestalten. Europa droht zu erstarren, denn jetzt bleibt es dabei, dass man 15 versierte Alt- und zehn unerfahrene Neumitglieder unter einen Hut bekommen muss. Ein schwieriges Geschäft, das den alten Kontinent bei der nächsten internationalen Krise wohl wieder genauso schlecht aussehen lässt wie beim Debakel um den Konflikt im Irak. Die Europäische Union ist damit allerdings nicht zu Ende. Die Erweiterung tritt wie geplant am 1. Mai in Kraft und die Union wird bis 2009 durch die Regeln des Nizza-Vertrags geführt. Aber um die Stimmung ist es schlecht bestellt. Ganz offen malt Gerhard Schröder ein Europa der zwei Geschwindigkeiten, ein Auflösen der Gemeinschaft in Allianzen, so wie sie Berlin mit Paris derzeit schon erproben. Das birgt die Gefahr des Zerfalls der Union in Zweckgemeinschaften. Europa würde auseinanderdriften. Der Traum vom geeinten Kontinent würde in die Ferne rücken. Noch ist die Gemeinschaft nicht verloren, aber seit dem Scheitern des Gipfels ist es schlechter bestellt um ihre Zukunft.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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