Lausitzer Rundschau: Zu Deutsch-Russische Konsultation: Zwei Männerfreunde
Cottbus (ots)
Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu Deutsch Russische Konsultation:
Gerhard Schröders Blick nach Osten ist etwas getrübt. Der Kanzler ist auf einem Auge blind, wenn er Russland ins Visier nimmt. Seine Wahrnehmung beschränkt sich auf das Positive der Politik von Präsident Wladimir Putin, das Negative blendet er aus. Das hat wenig mit historischen Ereignissen zu tun, dafür viel mit strategischer Partnerschaft, die er mit Moskau pflegen will. Und es hat mit einer Männerfreundschaft zu tun, die beinahe selbst ein Politikum ist. Schröder und Putin sind Brüder im Geiste: Unideologisch, pragmatisch, geprägt von gleich gearteter Herkunft aus kleinen Verhältnissen. Die Chemie zwischen ihnen stimmt, sie benötigen keine diplomatischen Verrenkungen. Das ist nützlich für beide Seiten: Deutschland braucht das Riesenreich ebenso wie Russland den Partner im Westen. Berlin ist für Moskau mehr als nur ein Fixpunkt in Europa. Berlin gilt als Brücke in die Moderne, wohin Putin sein Land führen möchte. Umgekehrt ist Russland für die Bundesrepublik ein sehr wichtiger Handelspartner und Energiespender und ein klammheimlicher Verbündeter beim geopolitischen Interessenausgleich mit der Weltmacht USA. Gewiss ist der letzte Punkt problematisch. Schröder darf keinesfalls den Anschein erwecken, seine Nähe zu Moskau könne die im Irakkrieg entstandene Distanz zum wichtigsten atlantischen Partner vergrößern. Der Kanzler muss also den Spagat üben, was ihm bislang gelungen ist. Dennoch wandelt er auf einem schmalen Grat: Sein kritikloser Umgang mit dem Demokrator aus Moskau wird im In- und Ausland argwöhnisch beäugt. Insgeheim weiß der Kanzler, dass der russische Kaiser nur gelegentlich neue Kleider trägt aber er gesteht es sich nicht ein. Er betrachtet Putin als persönlichen Freund, der ihn ins Vertrauen zieht und anders als US-Präsident George Bush das Gefühl gleicher Augenhöhe vermittelt. Zudem glaubt er Moskau an seiner Seite im Bestreben um einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat. Auch deshalb nennt er seine Russenpolitik eine Erfolgsgeschichte. Das Treffen auf Schloss Gottorf scheint ihn zu bestätigen. Putin wartete mit überraschenden Weihnachtsgeschenken auf, will Schulden zurückzahlen, die ukrainischen Wahlen respektieren, ja sogar die Europäische Union in die Lösung des Kaukasus-Konflikts einbinden. Insofern ist Schröders Herzlichkeit gegenüber dem Gast verständlich. Fragt sich nur, wie ernst die Ankündigungen und Versprechungen des taktisch versierten Ex-Geheimdienstlers aus Moskau genommen werden können.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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