Lausitzer Rundschau: Die Lausitzer Rundschau Cottbus zu Angela Merkel und Matthias Platzeck: Ost-Politik
Cottbus (ots)
Die eine sammelt wieder Punkte auf der großen Bühne. Der zweite Auftritt der Bundeskanzlerin in Washington hat erneut deutlich werden lassen, dass diese Frau über Fähigkeiten verfügt, die sie abheben aus der üblichen Politikerschar. Der andere rappelt sich etwas mühsam wieder auf, nachdem er sich zunächst verabschieden musste als großer Hoffnungsträger der SPD. Aber mit jedem weiteren Tag wird deutlich, welch ein Fehler es wäre, Matthias Platzeck abzuschreiben. Beide, die ja auch eine Zeit lang gemeinsam agierten, haben bekanntermaßen ein vergleichbares Leben vor der politischen Karriere. Und diese Bundesrepublik fängt langsam an zu begreifen, dass in diesem besonderen Leben ein ganz besonderer Reiz, auch eine ganz besondere Chance steckt. Merkel wie Platzeck unterscheiden sich in vielem fundamental von den Menschen ihrer Generation, die groß wurden in der Erwartung politischer Karrieren. Das Interesse, die Lust an der Politik war für die beiden in der DDR eine Gefahrenquelle. Für die Altersgenossen im Westen, wie übrigens teilweise auch im Osten, dagegen war es sehr schnell eine Möglichkeit, Neigung und Erwerbstrieb miteinander zu verbinden. Welche Gefahren daraus drohen, erschließt sich zunächst so einfach nicht. Aber die schwer zu definierende, dennoch überall anzutreffende Politikmüdigkeit hatte und hat ja auch etwas zu tun mit solchen Karrieren. Wer allerdings dreißig, vierzig Jahre damit aufgewachsen ist, dass der gesunde Menschenverstand gegen die offizelle Lüge mobilisert werden muss, der hat ganz offenkundig einen gewissen Vorsprung bei seiner Umwelt. Man traut ihr oder ihm wenigstens noch Reste dieses unverbogenen Denkens zu und wird tatsächlich auch bei Merkel wie Platzeck darin bestätigt. Nun stehen die Geschichten dieser beiden Spitzenpolitiker nicht für sich allein. Sie stehen bei Merkel mit dem vorläufigen Happy-End wie bei Platzeck mit dem vorläufigen Rückzieher auch exemplarisch für all das, was dieser Generation im Osten an Chancen wie an Risiken winkt und droht. Sie zeigen, dass das Besondere nicht der scheinbare Neuanfang ist, den es tatsächlich so gar nicht geben konnte. Die bis 1990 gemachten Erfahrungen zählen in diesem Fall sogar vielfach. Sie sind tatsächlich das Erfolgsgeheimnis der mächtigsten Frau des Landes und sie prägen nicht weniger den Politiker, der ihr einzig ernst zu nehmender Rivale sein kann. Sie sind darüber hinaus ein unverhofftes Geschenk der Geschichte für das ganze Land.
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