Stuttgarter Zeitung: Paradiesische Zustände
Leitartikel zu Kampf gegen Steueroasen
Stuttgart (ots)
Die nun erfolgte Ankündigung Luxemburgs, von 2015 an das Bankgeheimnis zu lockern, ist ein Durchbruch für die europäische Politik. Jetzt steht nur noch Österreich der Verabschiedung der wichtigen Zinssteuer-Richtlinie und der Aufnahme von Verhandlungen mit Nicht-EU-Staaten über Steuerabkommen im Wege. Es bedarf keiner hellseherischer Fähigkeiten, um vorherzusagen, dass es spätestens nach den österreichischen Wahlen im Herbst Bewegung auf diesem Gebiet geben wird.
Es ist gut, dass versucht wird, das Fenster der Gelegenheit weiter aufzureißen. Die Forderung, eine Art Steuer-FBI nach amerikanischen Vorbild einzuführen, die von Deutschland und vier weiteren EU-Staaten erhoben wird, zielt in diese Richtung. Es darf jedoch bezweifelt werden, ob das Engagement anhält, sollte das Thema wieder aus den Schlagzeilen verschwinden. Wer hat die Bundesregierung denn bisher daran gehindert, mehr auf diesem Gebiet zu versuchen?
Die Zurückhaltung hat Gründe jenseits des Sinns für politische Realitäten. Zwar gibt es in Deutschland kein mit der Schweiz vergleichbares Bankgeheimnis, wohl aber führt etwa das globale Netzwerk Steuergerechtigkeit die Bundesrepublik unter den Top Ten der schädlichsten Finanzplätze, weil auch sie ausländische Anleger lockt. Die beim Treffen von Europas Finanzministern in Dublin in die Ecke gedrängte Österreicherin Maria Fekter hat in gewisser Weise recht, wenn sie beklagt, dass sie am Pranger steht, Großbritannien mit seinen Kanalinseln aber nicht. Die gehören formal nicht zur EU: Dort herrschen für Steuerflüchtlinge weiter paradiesische Zustände.
Pressekontakt:
Stuttgarter Zeitung
Redaktionelle Koordination
Telefon: 0711 7205-1225
newsroom.stuttgarterzeitung@stz.zgs.de
Original-Content von: Stuttgarter Zeitung, übermittelt durch news aktuell