Islamic Relief Deutschland e.V.
Die Gesundheitsversorgung im Sudan bricht zusammen: Drei oder vier Patienten teilen sich ein einziges Krankenhausbett, andere werden abgewiesen
Köln (ots)
Das Gesundheitssystem im Sudan ist überlastet und steht nach fast zwei Jahren brutalen Konflikts und einer tödlichen Kombination aus Mittelknappheit und dem Fehlen lebenswichtiger Medikamente kurz vor dem Zusammenbruch, wie Gesundheitsfachkräfte Mitarbeitenden von Islamic Relief vor Ort berichten. Dr. Abdalbasit, ein Arzt aus Gedaref, beschreibt die systematische Zerstörung des Gesundheitssystems im Land sowie die Lage für die Massen an kranken und verletzten Vertriebenen.
Ärzte und Mitarbeitende von Hilfsorganisationen im Ostsudan, der durch den Konflikt mit vertriebenen Familien überschwemmt wurde, berichten von verzweifelten Zuständen in den Krankenhäusern, in denen sich drei oder vier Patienten ein einziges Bett teilen und andere auf dem Boden sterben oder weggeschickt werden, weil das medizinische Personal die Behandlung der großen Zahl an Kranken und Verwundeten nicht bewältigen kann. Die Bedingungen in Krankenhäusern in anderen Teilen des Landes sind gleich oder sogar noch schlimmer.
Mohammed Ali, ein Sicherheitsbeauftragter von Islamic Relief, der für seine Arbeit weite Teile des Ostsudans bereist hat, sagt:
"Die medizinische Situation im Sudan ist katastrophal. Tausende von Menschen sterben und das medizinische System ist zusammengebrochen. Im ostsudanesischen Bundesstaat Kassala gibt es Krankenhäuser, in denen drei oder vier Patienten pro Krankenhausbett ein Luxus wären. Die Patienten liegen dort auf dem Boden, der mit Menschen überfüllt ist, und einige von ihnen erbrechen sich wegen der Cholera."
"Meine Mutter ist verstorben. Als sie krank war, suchte ich in Port Sudan überall nach einem Krankenhausbett für sie und konnte keines finden. In fünf oder sechs Krankenhäusern gab es keinen Platz mehr, bevor sie in eine Notaufnahme eingeliefert werden konnte. Und das in Port Sudan, das zu den besten und wohlhabendsten Städten des Sudan gehört. Stellen Sie sich vor, wie es in den am schlimmsten vom Konflikt betroffenen Orten wie Khartum und Darfur aussieht. In den Dörfern ist es noch schlimmer - dort kann man die Gesundheitsversorgung komplett vergessen."
Ärzte und humanitäre Helfende tun alles in ihrer Macht Stehende, um die Krise einzudämmen, aber die anhaltende Gewalt und die Massenvertreibung bedeuten, dass der Bedarf die Ressourcen übersteigt.
Der Bedarf der Kranken und Verletzten übersteigt die knappen Ressourcen
In der östlichen Stadt Gedaref berichtet Dr. Abdalbasit Alameen Mohamed Adallah, der Direktor des Al Gedaref Teaching Hospital, gegenüber Islamic Relief, dass die Zahl der Vertriebenen, die eine Behandlung benötigen, doppelt oder dreifach so hoch ist, wie die Zahl der neuen Betten, die das Krankenhaus trotz aller Bemühungen der Ärzte nicht in dem Ausmaß bereitstellen kann.
Er sagt: "Die Lage des Gesundheitssystems ist sehr ernst. Die bestehenden Krankenhäuser tragen die gesamte Last. Nach den jüngsten Vertreibungen ist die Zahl der Patienten um ein Vielfaches gestiegen. Zwei oder drei Patienten können in einem Bett behandelt werden, einige werden auf der Couch behandelt, und einigen geben wir einfach die Behandlung und lassen sie gehen, wenn sie einen Platz zum Bleiben haben. Die Menschen betteln um Rezepte."
"In letzter Zeit haben einige Patienten nicht mal eine Bleibe, wo sie hingehen können, so dass die Verantwortung jeden Tag größer wird. Wir haben versucht, mehr Betten bereitzustellen, aber die Zahl der Patienten verdoppelt oder verdreifacht sich jeden Tag. Das Hauptproblem ist, dass die Patienten bereits vertrieben sind und alles verloren haben. Sie kamen auf der Suche nach Nahrung und einer Bleibe. In der Notaufnahme können wir alle Patienten medizinisch versorgen, aber es fehlt an Medikamenten wie Infusionen, Labortests und an allem, was zur Behandlung nötig ist."
Systematische Zerstörung von Gesundheitswesen lässt Ärzte fliehen
In den vom Konflikt betroffenen Gebieten des Sudan sind inzwischen mehr als zwei Drittel aller großen Krankenhäuser außer Betrieb. Diejenigen, die noch in Betrieb sind, sind von der Schließung bedroht, da es an medizinischem Personal, Medikamenten, medizinischen Versorgungsgütern, Wasser und Strom mangelt (Quelle: WHO).
Mehr als 120 Angestellte des Gesundheitswesens wurden getötet, und seit Beginn des Krieges gab es mindestens 542 Angriffe auf das sudanesische Gesundheitssystem (Quelle: Insecurity Insight). Die Vertreibung von 14,9 Millionen Menschen im Sudan, mit über 24 Millionen akut Hungernden und einer sich ausbreitenden Hungersnot, hat zu einer zusätzlichen Belastung der Infrastruktur geführt.
Gewalt, unterbrochene Lieferketten, Plünderungen, wirtschaftlicher Zusammenbruch und Korruption führen dazu, dass im Sudan immer weniger Medikamente zur Verfügung stehen. Ärzte sind angesichts von Gewalt, Angriffen, Vertreibung, zerstörter Infrastruktur und geringerer Bezahlung aus dem Land geflohen. Ein humanitärer Helfer von Islamic Relief berichtet, dass sein Verwandter, der im Sudan als Arzt tätig war, nur 100 Dollar pro Monat erhielt und das Land verließ, um in Dubai leben.
Dr. Abdalbasit fährt fort: "Im gesamten Sudan wurden systematisch alle Gesundheitseinrichtungen zerstört. Das meiste medizinische Personal wurde vertrieben und viele Krankenhäuser wurden vollständig zerstört, so dass es keine medizinische Versorgung mehr gibt. In Gedaref haben wir die größte Last seit Beginn des Krieges durch die Vertreibungen aus Khartum und dem Bundesstaat Al Jazirah auf uns genommen, wo die Hälfte der Bevölkerung nach Gedaref vertrieben wurde, darunter ältere Menschen, Kinder und Menschen mit chronischen Krankheiten. Das ist eine riesige Zahl."
Islamic Relief unterstützt Krankenhäuser, Gesundheitskliniken und Ernährungszentren in ganz Sudan. Seit April 2023 hat die humanitäre Organisation 52 Krankenhäuser und Kliniken in den Bundesstaaten Al Jazirah, Zentral-Darfur, Gedaref und Sennar mit Medikamenten und Hilfsgütern versorgt.
Seit Ausbruch des Krieges am 15. April 2023 hat die Hilfsorganisation über 1 Million Menschen im Sudan mit Nahrungsmitteln, Unterkünften, Wasser und anderen Hilfsgütern versorgt, unter anderem in Port Sudan, Gedaref, Nordkordofan, Westkordofan, Wad Madani, Sennar, Omdurman, Blue Nile und Zentral-Darfur.
Quellenangaben für Redaktionen:
1. https://www.who.int/emergencies/situations/sudan-emergency
2. https://reliefweb.int/report/sudan/attacks-health-care-sudan-05-18-february-2025
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