#leistungleben - Sporthilfe-Markenkampagne mit Tischtennisspieler Timo Boll
Main (ots)
Die Deutsche Sporthilfe setzt ihre neue Markenkampagne #leistungleben fort. Mit ausdrucksstarken Schwarz-Weiß-Motiven und plakativen Aussagen will die Sporthilfe auf den Alltag und die Einstellungen der von ihr unterstützten Athleten aufmerksam machen sowie die Rolle der Stiftung für die Athletenförderung verdeutlichen.
Rund 25 Motive finden sich auf der Kampagnenwebseite www.sporthilfe.de/leistungleben. Hinter jedem Motiv steckt eine Geschichte geförderter Athleten - wie die von Tischtennisspieler Timo Boll, dreifacher Olympia-Medaillengewinner. Schon 1997 wurde der Odenwälder von der Deutsche Sporthilfe zum Juniorsportler des Jahres gewählt und peilt 2020 in Tokio nun seine sechste Olympia-Teilnahme an.
Hinweis an die Redaktionen: Abdruck von Motiv und Text ist honorarfrei möglich. Quelle: Deutsche Sporthilfe.
Timo Boll: Der perfekte Schuss
Timo Boll ist seit 20 Jahren einer der besten Tischtennisspieler der Welt. Wegen seiner großen Erfolge und seines großen Sportgeists gilt er als lebende Legende - von einem Karriereende will der Juniorsportler des Jahres 1997 auch mit Ende 30 noch nichts wissen.
"Der perfekte Shot", beginnt Tischtennisspieler Timo Boll seine Analyse und es glänzt dabei in seinen Augen, "dauert etwa 30 Sekunden". Das Thema ist hochkomplex, erst vor kurzem hat er gelernt, den Schuss perfekt auszubalancieren. Die Theorie wendet der 38-Jährige nun akribisch an. Für zuhause hat er sich Profi-Equipment besorgt, auch unterwegs ist das passende Setup immer am Mann. Denn Timo Boll weiß: "Es ist gar nicht so einfach, einen guten Kaffee zu zaubern."
Wenn der Athlet also vom perfekten Schuss spricht, meint er damit einen Espresso und keinen Tischtennisschlag. Das zeigt ein bisschen, wie Boll tickt. Tischtennis ist seit über 30 Jahren sein Sport, sein Beruf und gewissermaßen auch seine Berufung. Im Alltag unterhält sich Boll aber gerne über Themen abseits der Platte - etwa über Videoschnitt, Elektroautos oder eben Kaffee. Gerade hat er ein Barista-Seminar absolviert und seine ohnehin bereits vorhandenen Kenntnisse weiter ausgebaut. "Da habe ich schon viel Spaß daran", sagt er.
Für das Treffen hat er daher einen Kaffee-Hotspot in Düsseldorf ausgewählt, unweit des Deutschen Tischtenniszentrums und seines Vereins Borussia Düsseldorf. Boll ist mit seinem klappbaren E-Bike gekommen, das er überallhin mitnimmt. Im Café ist er Stammgast und bestens bekannt, in der Stadt selbst aber wird er trotz seines Status' als lebende Tischtennis-Legende nur selten angesprochen. Er genießt das, weil ihm die große Öffentlichkeit fremd ist. "Ich bin eher ein scheuer Mensch und finde es unangenehm, wenn ich angesprochen werde. Deshalb bin ich froh und dankbar, dass sich das in Grenzen hält."
Man muss es sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, wen die Düsseldorfer hier meist unbeachtet an sich vorbeiziehen lassen. Im Laufe seiner Profikarriere sammelte Boll drei Medaillen bei Olympischen Spielen, acht bei Weltmeisterschaften und insgesamt 18 EM-Titel - der jüngste gerade erst bei der EM in Alicante Ende September. Hinzu kommen 15 Deutsche Meisterschaften, unzählige Vereinstitel, Turniersiege und der mehrmalige Sprung an die Spitze der Weltrangliste, zuletzt im März 2018. Die "langsamste Nummer eins aller Zeiten", nennt sich Boll seitdem selbst im Scherz.
Mit diesem jüngsten Coup hat er wieder einmal den Chinesen ein Schnippchen geschlagen. Kein zweiter ausländischer Tischtennisspieler wird im Reich der Mitte gleichermaßen gefürchtet wie geliebt. Gefürchtet deswegen, weil er es seit 20 Jahren immer wieder schafft, die Chinesen in ihrem Nationalsport zu schlagen. Mehrfach hat er hintereinander die drei besten Spieler des Landes besiegt und das über mehrere Spielergenerationen hinweg.
Geliebt wird er von den Fans trotzdem, wegen seiner höflichen Art und seines ästhetischen Spiels. "Bor", wie sie ihn in China rufen, ist ein Superstar, der Autogramme am Fließband schreiben und nach Spielen von Sicherheitskräften abgeschirmt werden muss. "Das ganze Jahr bräuchte ich das nicht", gibt er zu. Mittlerweile aber hat der Hesse China, das er erstmals mit 16 Jahren bereiste, ins Herz geschlossen. Wie oft er schon dort war, zählt er nicht mehr mit. Die anfängliche Skepsis über eine ungewohnte Kultur und seltsame Speisen ist schnell einer großen Sympathie gewichen. "Mein China" heißt ein Buch, das Boll gemeinsam mit einem Journalisten veröffentlicht hat. Mehrmals spielte er im Sommer in der chinesischen Super League, bei internationalen Turnieren trat er im Doppel zeitweise mit dem Superstar Ma Long an. Die Verbundenheit ging sogar so weit, dass Boll chinesisch lernte. Sprachen liegen ihm, drei- bis viermal die Woche nahm er Unterricht. Heute allerdings habe er vieles wieder vergessen. Dass er da nicht drangeblieben ist, wurmt ihn ein bisschen.
Seine Trainer sagten Boll schon seit der Jugend einen Hang zu Bequemlichkeit nach, doch die neue Prioritätsverschiebung hat gute Gründe: 2013 wurde er Vater einer Tochter, der Lebensmittelpunkt der kleinen Familie befindet sich seitdem wieder im Odenwald. Dort, wo alles begann: Im väterlichen Hobbykeller schloss Timo Freundschaft mit der Platte, mit acht absolvierte der damals leicht pummelige Junge erstmals einen Sichtungslehrgang in Frankfurt. Schon mit elf spielte er bei den Erwachsenen, mit 13 wurde er erstmals von der Deutschen Sporthilfe gefördert. Und mit 15 stieg Boll schließlich als Stammspieler des TTV Gönnern in die erste Bundesliga auf.
Etwa zwei Stunden Autofahrt trennten damals seinen Heimat- vom Spielort. Doch nicht etwa der junge Boll zog zum Training nach Gönnern, sondern der TTV mit seinem kompletten Kader in den Odenwald. Ein einmaliges Modell im deutschen Sport. "Ich bin froh, dass ich das damals gar nicht so richtig realisiert und verstanden habe", sagt Boll heute. Stattdessen ging seine Karriere steil weiter: 1997 wurde er Juniorsportler des Jahres, 1998 einer der jüngsten Deutschen Meister aller Zeiten. Inzwischen hält Boll auch den Altersrekord in die "andere" Richtung. Er sagt: "Der Übergang vom Talent zum Routinier war ziemlich fließend." Dabei wusste Boll stets treue Förderer an seiner Seite. Etwa Hans Wilhelm Gäb, früher selbst Tischtennisspieler und funktionär, dann Automobilmanager und Mitte der 2000er Vorstandsvorsitzender der Deutschen Sporthilfe. Boll bezeichnet ihn "gewissermaßen als meinen Mentor". Seit geraumer Zeit unterstützt er die beiden von Gäb gegründeten Vereine "Sportler für Organspende" und "Kinderhilfe Organtransplantation". Ihn könne er immer um Rat fragen, so wie der Nachwuchs heute bei Boll anklopfen kann. Es ehrt ihn, den deutschen Fahnenträger der Olympischen Spiele von Rio 2016, wenn junge Spieler nach seiner Meinung fragen.
Erzählen kann er ihnen zum Beispiel etwas über Fairness. Bei der WM 2005 korrigierte Boll im Match gegen den Chinesen Liu Guozheng eine Schiedsrichterentscheidung zu seinen Ungunsten - ausgerechnet bei eigenem Matchball. Die Partie verlor er, aber er gewann die Herzen der internationalen Sportwelt. "Am Ende hat es mir mehr erbracht, Fairness zu zeigen, als wenn ich vielleicht zwei Runden weitergekommen wäre. Das ist in den Köpfen hängengeblieben, vor allem in China selbst." Dort bescherte ihm das Los bei der WM vor drei Jahren eine Begegnung mit dem späteren Weltranglistenersten Fan Zhendong. "Doch die Leute waren für mich. Das war unglaublich, ich hatte während des Spiels Gänsehaut."
Verloren hat er diesen Vergleich zwar, aber nach Gewinnen oder Verlieren bewertet Boll seine Matches grundsätzlich nicht. Es geht ihm darum, auf gutem Niveau Tischtennis zu spielen. Auch das ist vielleicht eine Message für die jüngeren Kollegen. Seine Erfahrungen gibt er seit Ende 2017 zudem virtuell weiter. Mit dem Video-Projekt "Timo Boll Webcoach" hat er den ersten Schritt in die Zeit nach der aktiven Karriere bereits getan. Das Karriereende soll aber noch eine Weile auf sich warten lassen. Er habe zwar "höllische Angst vor dem Moment", aber: "Der entscheidende Punkt ist ja, ob es einem noch Spaß macht - und das ist bei mir der Fall." Sein Vertrag bei Borussia Düsseldorf läuft bis 2022, dann wäre Boll 41 Jahre alt. Im gleichen Alter beendete Bolls früheres Idol, späterer Mitspieler und heutiger Bundestrainer Jörg Rosskopf seine Laufbahn. Doch der Körper muss mitspielen. Gerade erst hat Boll seinen zweiten Bandscheibenvorfall auskuriert, auch das Knie machte bereits Probleme. "Man muss für jeden Tag dankbar sein", sagt der Hesse, und man spürt: Das ist er auch. Und optimistisch: Gleich hat er noch einen Termin bei der Visastelle, er hat ein Fünf-Jahres-Visum für China beantragt.
Bevor sich Boll wieder auf sein E-Bike schwingt, bleibt aber noch eine Frage zu klären: Wie lange dauert er denn nun, der perfekte Shot im Tischtennis, wo Spitzengeschwindigkeiten von 350 km/h erreicht werden und ein Ballwechsel nach einmal Augenblinzeln entschieden sein kann? Boll ist Topspin-Spezialist, die Schnelligkeit der Asiaten hat er nicht. Und sagt deshalb: "Bei mir ist der perfekte Shot ,Low und Slow', sozusagen wie bei der Zubereitung von Spare Ribs." Gut für ihn: Das Rezept dafür kennt er bereits in- und auswendig.
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