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Antiziganismusbeauftragter Daimagüler kritisiert S-Bahn-Pläne in Berlin
Berlin (ots)
Im Streit um den geplanten S-Bahn-Tunnel unter dem Berliner Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas hat der Antiziganismus-Beauftragte der Bundesregierung, Mehmet Daimagüler, erneut gefordert, eine Mediation durchzuführen.
Das Mahnmal habe für die Minderheit eine "enorme Bedeutung", sagte Daimagüler am Freitag im rbb24 Inforadio. Eine halbe Million Sinti und Roma seien in der NS-Zeit ermordet worden. Vor diesem Hintergrund hätten die Nachfahren die Gespräche um die geplante S-Bahn-Trasse als oberflächlich empfunden. Bei einem so sensiblen Thema brauche es mehr Transparenz, so Daimagüler:
"Dann gibt es Berichte, Gutachten von Seiten der Bauherren, die sagen, so und nicht anders kann es nur laufen. Und dann gab es Gespräche, die von den Beteiligten Communities als bestenfalls oberflächlich, pro forma empfunden wurden. Ich meine, dass das Ganze so sensibel ist, dass wir da mehr Transparenz brauchen. Sind diese Gutachten objektiv, unabhängig? Macht es Sinn, dass da noch mal eine neutrale Stelle draufguckt? ... Da gibt es einfach erprobte Wege, wie man die man die Menschen an den Tisch holt, an Bord holt und gemeinsam nach Wegen sucht. Und das ist ein formalisiertes Mediationsverfahren. Und darauf wurde bisher verzichtet und das halte ich für einen Fehler."
Für die neue Trasse sollen unter anderem mehrere Bäume gefällt werden, die zu dem Denkmal gehören. Seit dem 27. Mai und bis zum 26. Juni können die Informationen zum Planfeststellungsverfahren beim Bezirksamt Mitte von Berlin eingesehen werden.
Daimagüler verwies darauf, dass die Zahl der politisch motivierten Straftaten gegen Sinti und Roma stark gestiegen ist. Der erste Bericht der Melde- und Informationsstelle Antiziganismus wies im vergangenen Herbst über 600 Fälle auf. Daimagüler sagte, in diesem Jahr würden es doppelt so viele sein: "Der Bericht wird in einigen Wochen vorgestellt. Und die Zahlen sind an sich schon erschreckend. Aber zwei Aspekte sind besonders problematisch. Das eine ist: wir müssen mal von einer ganz, ganz großen Dunkelziffer ausgehen. Die Realität sieht nochmal dramatischer aus. Viele Fälle finden gar keinen Eingang in diese Statistiken, weil sie keiner meldet."
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