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Oxfam-Bericht: Arbeiterinnen unter Druck in globalen Lieferketten großer Unternehmen

Berlin (ots)

Große Markenfirmen und Verkaufsketten der
Bekleidungs- und Lebensmittelindustrie sind einer neuen Studie der
Entwicklungsorganisation Oxfam International zufolge für die
Verschlechterung der Arbeitsbedingungen von Millionen von
Arbeiterinnen auf der ganzen Welt verantwortlich.
Der Bericht "Unsere Rechte im Ausverkauf - Frauenarbeit in
globalen Lieferketten von Bekleidungsunternehmen und Supermärkten"
wird heute im Rahmen von Oxfams Kampagne für einen
entwicklungsgerechten Welthandel "Make Trade Fair" in Berlin
vorgestellt. Er ist die deutsche Kurzfassung der englischsprachigen
Studie "Trading Away Our Rights - Women Working in Global Supply
Chains", die ebenfalls am 8. und 9. Februar weltweit veröffentlicht
wird.
Im Mittelpunkt der Studie, die auf Oxfam-Untersuchungen in 13
Ländern und mehr als 1.000 Interviews basiert, steht die
Unternehmensstrategie transnationaler Unternehmen in ihren weltweiten
Lieferketten. Die Studie belegt, dass ein Großteil der enormen
Gewinne von Unternehmen im Bekleidungs- und Supermarktsektor auf
Kosten der Arbeiterinnen in den Zulieferbetrieben entsteht.
Oxfam behauptet, dass die riesigen Geschäftsimperien der
Einzelhandels- und Supermarktketten durch ihre Unternehmensstrategie,
die eine immer schnellere und billigere Versorgung mit immer
aktuelleren und frischeren Produkten verlangt, die Durchsetzung genau
derjenigen Arbeitsstandards hintertreiben, für die sie angeblich
einstehen.
Die Unternehmen benutzen ihre Machtstellung am oberen Ende der
globalen Lieferketten, um ihre Zulieferer zu schröpfen. Kosten und
Risiken werden an das untere Ende der Lieferketten verlagert. Die
Einkaufteams der Unternehmen üben massiven Druck aus und zwingen ihre
Zulieferer zu "just in time"-Lieferungen zu niedrigen Preisen. Dieser
Kostendruck wird sofort auf die Arbeiterinnen in den
Zulieferbetrieben abgewälzt; was sich in immer mehr Überstunden,
höheren Produktionsvorgaben unter meist schlechten Arbeitsbedingungen
und unsicheren Arbeitsverhältnissen äußert. Millionen von Frauen
werden so um ihren gerechten Anteil an den Früchten der
Globalisierung betrogen.
"Das ist der Punkt, wo die Globalisierung versagt, ihr Potential
auszuschöpfen, Menschen aus der Armut zu befreien und Entwicklung zu
fördern.", sagt Jörn Kalinski, von Oxfam Deutschland. "Die Diskrepanz
zwischen den rhetorischen Bekenntnissen zu globaler sozialer
Verantwortung und der tatsächlichen Unternehmensstrategie wird immer
größer. Viele Unternehmen haben "Codes of Conduct" und verlangen von
ihren Zulieferern die Einhaltung international anerkannter
Arbeitsstandards. Aber ihre eigenen rücksichtslosen Einkaufs- und
Zulieferpraktiken machen es oft unmöglich, dass diese
Arbeitsstandards eingehalten werden können." Unternehmen wie z.B.
Tesco (Großbritannien), Wal-Mart (USA) und El Corte Inglés-Induyco
(Spanien) müssen ihre Einkaufs- und Preispolitiken gegenüber ihren
Produzenten radikal ändern, sagt Oxfam. In den Interviews erklärten
Farm- und Fabrikbesitzer, dass die wirkliche Macht innerhalb der
Konzerne bei den Einkaufteams liegt und nicht bei den
Verantwortlichen für die "Codes of Conduct". "Die heutige
Geschäftsethik besteht oft nur aus drei Forderungen: schnell, billig
und flexibel. Alle, die über die furchtbaren Arbeitsbedingungen
bestürzt sind, sollten sich fragen: Wer hat den Druck verursacht?",
so Kalinski.
Arbeiterinnen sind besonders hart betroffen: Ihre Geschichten
entzaubern den Mythos, dass ihr Lohn ja "zusätzliches" Einkommen für
die Familien sei. Von vielen Frauen wird erwartet, für ihre Familien
zu sorgen und den Lebensunterhalt zu verdienen - dies aber zunehmend
in unsicheren und rechtlosen Beschäftigungsverhältnissen. Diese
Belastung ruiniert ihre Gesundheit, zerstört ihre Familien und
beeinträchtigt die Zukunftschancen ihrer Kinder. Viele Regierungen -
ermutigt von Weltbank, IWF und transnationalen Unternehmen - sind
ebenfalls schuldig. In ihrem Bestreben, Investoren anzulocken,
erlassen sie Gesetze und schließen Handelsabkommen, die "flexible"
Beschäftigung ermöglichen. Dies führt zwischen den
Entwicklungsländern zu einem Wettbewerb um immer "flexiblere"
Arbeitskräfte und zu einem Ausverkauf der Rechte der Beschäftigten.
In Chile sind z. B. 75 % der Obstpflückerinnen auf der Basis
befristeter Arbeitsverträge beschäftigt und arbeiten während der
Saison 60 Stunden pro Woche. Jede Dritte von ihnen verdient nur das
Mindestgehalt oder noch weniger. In Großbritannien erhielten
Arbeitgeber das Recht, in Heimarbeit  Beschäftigten nur 80 % des
Mindestgehalts zu zahlen, ohne Abfindung, bezahlten Urlaub,
Lohnzahlung im Krankheitsfall oder Rentenansprüche. Mehr als die
Hälfte der Frauen in Bangladeschs Bekleidungsfabriken hat keinen
Arbeitsvertrag, und die meisten haben auch weder Mutterschutz noch
Krankenversicherung. In Chinas Sonderwirtschaftszonen müssen Frauen
150 Überstunden pro Monat absolvieren, und 90 % haben keinen Zugang
zur Sozialversicherung. Oxfam hat weltweit Hunderte von ähnlichen
Missbräuchen dokumentiert.
Neben den erforderlichen Änderungen der Unternehmensstrategien ist
es daher nötig, dass die Regierungen die Rechte der Beschäftigten
schützen, insbesondere das Recht, in Gewerkschaften einzutreten und
Tarifverhandlungen zu führen. Die Regierungen müssen die
international anerkannten Arbeitsstandards durchsetzen, insbesondere
solche, die Beschäftigte mit Familien schützen. Die Konsumenten
ihrerseits sollten solche Marken unterstützen, die anspruchsvolle
Mode unter guten Arbeitsbedingungen produzieren lassen.
Den ausführlichen Bericht "Trading Away Our Rights: Women Working
in Global Supply Chains" können Sie über www.maketradefair.com
herunterladen, die deutsche Zusammenfassung "Unsere Rechte im
Ausverkauf - Frauen in globalen Lieferketten von Supermärkten und
Bekleidungsunternehmen" über www.oxfam.de.
Druckversionen der Berichte sowie Informationen über unsere Partner 
und Arbeitsrechtskampagnen in Bangladesch, Chile, China, Honduras, 
Kambodscha, Kenia, Kolumbien, Marokko, Sri Lanka, Südafrika, 
Thailand, Großbritannien und den USA erhalten Sie von Jörn 
Kalinski, Oxfam Deutschland e.V., Greifswalder Str. 33a, 10405 
Berlin,  info@oxfam.de, Tel.:  +49-30-428-50621, Fax: +49-30-428-
50622.

Original-Content von: OXFAM Deutschland e.V., übermittelt durch news aktuell

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