Oxfam: Ohne Handelserleichterungen und Schuldenerlass greift Fluthilfe zu kurz
Berlin/Washington/Oxford (ots)
In einem heute veröffentlichten Memorandum warnt die internationale Hilfsorganisation Oxfam davor, dass die Hilfe für die Opfer der Flutkatastrophe nur dann nachhaltig wirkt, wenn die reichen Länder auch zu grundlegenden Reformen bereit sind. Trotz der überwältigenden Hilfsbereitschaft der Welt werden nun, mit abnehmender internationaler Aufmerksamkeit, dringend erforderliche Erleichterungen bei Handel und Verschuldung umgangen.
Bevor die internationale Öffentlichkeit sich wieder anderen Themen zuwendet, müsse sicher gestellt sein, dass wichtige Entscheidungen zu Handelserleichterungen, Schuldenerlass und Erhöhung der Entwicklungshilfe getroffen werden, so Oxfam in dem Papier "The Asian Tsunami: three weeks on".
"Unmittelbar nach der Flutwelle reagierten die Öffentlichkeit und die Regierungen bewundernswert großzügig. Hilfszusagen gingen ein, und die Welt hatte die Katastrophe im Blick. Nun, drei Wochen später, scheint es leider so, dass die Regierungen der reichen Länder sich mit den wichtigen Reformen bei Handel und Verschuldung schwer tun, die für langfristige Armutsbekämpfung unerlässlich sind.
Die Weltöffentlichkeit darf ihre Aufmerksamkeit nicht abwenden, bevor die reichen Länder alles getan haben, um den Flutopfern auch auf lange Sicht zu helfen. Die harten Entscheidungen für einen grundlegenden Wandel wurden noch nicht getroffen", sagt Bernice Romero, Kampagnen-Direktorin von Oxfam International.
Hilfszusagen
Trotz der grandiosen öffentlichen Hilfsbereitschaft und großzügiger Zusagen ist der UN-Aufruf an die Regierungen zur humanitären Hilfe immer noch zu 26% unterfinanziert. Kofi Annan bat um 997 Mio. US$ aber die UN haben erst 723 Mio. US$ erhalten. Oxfam ruft die Geberländer auf, den UN-Aufruf vollständig zu finanzieren und die Mittel schnell auszuzahlen, da in der Vergangenheit zugesagte Finanzmittel allzu oft nicht zur Auszahlung kamen.
Schuldenerlass
Die reichen Länder des Pariser Klubs haben sich leider nur für die bequeme Lösung eines zeitweiligen Zahlungsaufschubs entschieden, anstatt die Schulden signifikant zu reduzieren. So werden die von der Flutkatastrophe betroffenen Länder in ein paar Monaten wieder ihren Schuldendienst zu leisten haben. Der zeitweilige Zahlungsaufschub bedeutet wahrscheinlich zusätzliche Schuldzinsen, und so wird der Schuldendienst weiter angewachsen sein, wenn die von der Flut betroffenen Länder ihre Zahlungen wieder aufnehmen.
Oxfam fordert die Regierungen auf, umgehend zu prüfen, welche Schuldenbelastung nach der Flutkatastrophe für die betroffenen Länder jeweils noch tragbar ist, und die darüber hinausgehenden Schulden vollständig zu streichen.
Handel
Trotz anfänglich anders lautender Ankündigungen werden die US-Zollschranken für Textilien und Bekleidung aus den von der Flut betroffenen Ländern nicht gesenkt. Die EU wird sich in der nächsten Woche zu möglichen Zollerleichterungen äußern. Die Öffentlichkeit wird dies genau verfolgen. Eine Ausweitung ihrer Exporte könnte in den von der Flut betroffenen Ländern zehntausende Arbeitsplätze sichern, Einkommen steigern und den dringend benötigten Devisenzufluss erwirtschaften, der zum Import für den Wiederaufbau erforderlich ist. Oxfam fordert von der EU und den USA, die Zollschranken für Textil- und Bekleidungsimporte aus den von der Katastrophe betroffenen Ländern abzubauen.
Oxfam ruft die reichen Länder dazu auf, die Flutkatastrophe zum Anlass zu nehmen, die Armut in der betroffenen Region und darüber hinaus zu bekämpfen.
"Die Geberländer müssen sicherstellen, dass die Flutwelle zu einem Wendepunkt in Richtung Armutsbekämpfung für die Region wird. Es dürfen nicht einfach die Armutsstrukturen der Vergangenheit wieder errichtet werden. Hier ist mehr gefordert als nur Flickschusterei. Die Öffentlichkeit wäre zu recht empört, wenn ihre Großzügigkeit dadurch ausgehöhlt würde, dass nur die vorherige Armut wieder hergestellt wird. Die Menschen sollten von ihren Regierungen verlangen, dass ihre Hilfsbereitschaft nicht verraten wird und dass diese entscheidenden Reformen angepackt werden", so Oxfams Bernice Romero.
Ende
Hintergrund
Im Jahr 2002 zahlten Indonesien, Thailand, Sri Lanka und Indien zusammen 50 Mrd. US$ an Schuldendienst. Davon gingen 7 Mrd. US$ an reiche Länder wie die USA, Japan und das Vereinigte Königreich.
Mit dem Schuldendienst eines einzigen Tages könnte Indonesien 100 Hilfsflüge finanzieren, mit dem eines Monats wären es 3.000 Hilfsflüge.
Indien könnte mit dem Schuldendienst eines einzigen Tages 18 Millionen seiner Flüchtlinge mit Trinkwasser versorgen.
Indonesiens Schuldendienst betrug 2004 das Zehnfache seiner Gesundheitsausgaben und das 32-fache der Ausgaben für den Wohnungsbau.
Indonesien schuldet dem Vereinigten Königreich 644 Mio. US$, 44% davon aus Waffenkäufen. Mit Abstand der größte Gläubiger Indonesiens ist mit 29 Mrd. US$ Japan.
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"The Asian Tsunami: three weeks on" is unter www.oxfam.org verfügbar
(ab 17.01.2005).
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