Aktuelle Vorschläge bei WTO-Verhandlungen könnten Afrika noch ärmer machen
Johannesburg/Genf/Berlin (ots)
Afrika könnte als Folge des Abkommens, das zurzeit bei der Welthandelsorganisation (WTO) verhandelt wird, noch ärmer werden. Dies ist die Botschaft eines neuen Berichts der internationalen Hilfsorganisation Oxfam, der heute - vier Jahre nach Beginn der Doha-Entwicklungsrunde und einen Monat vor dem kritischen WTO-Ministertreffen in Hongkong - veröffentlicht wurde.
Afrika ist der einzige Kontinent, der in den letzten 25 Jahren ärmer wurde, und Afrika südlich der Sahara die einzige Region weltweit, deren Marktanteile am Weltagrarhandel gesunken sind. Doch anstatt dass die laufende Gesprächsrunde diese Situation verbessern würde, droht sie eher zu einer weiteren Verschlechterung zu führen.
"Die Doha-Runde als 'Entwicklungsrunde' zu bezeichnen, klingt für viele afrikanische Länder nach einem zynischen Scherz", sagte Muthoni Muriu, panafrikanische Handelsberaterin von Oxfam International. "Die reichen Länder haben die Agenda an sich gerissen und versuchen, so viel wie möglich für sich selbst herauszuholen. Was bisher angeboten wurde, wird Afrika schaden, nicht helfen."
Viele afrikanische Länder standen im Jahr 2001 einer neuen WTO-Verhandlungsrunde skeptisch gegenüber, aber ihnen wurde versichert, dass die Verhandlungsergebnisse ihre Entwicklung fördern würden. Insbesondere wurden ihnen Fortschritte im Bereich Landwirtschaft und bei der Reform der geistigen Eigentumsrechte versprochen.
Nicht genug damit, dass die versprochenen Veränderungen ausblieben, wurde Afrika außerdem vom Verhandlungsprozess weitgehend ausgeschlossen und die vorliegenden Angebote drohen, die Situation weiter zu verschlechtern. "Afrikas Vorschläge hingegen wurden vom Tisch gefegt", so Muriu.
Um bestehende Arbeitsplätze und Produktionskapazitäten aufrechtzuerhalten, fordern afrikanische Staaten die Möglichkeit, wichtige Agrarprodukte und aufkeimende Industrien weiter mit angemessenen Zöllen schützen zu können.
Um der Marginalisierung im Welthandel zu entkommen und ihre Exportmöglichkeiten zu erhöhen, fordern die Afrika-Gruppe und die Gruppe der am wenigsten entwickelten Länder (LDCs) außerdem:
- ein Ende des Dumpings im Agrarsektor, besonders im Fall von Baumwolle, - besseren Zugang zu den Märkten der Industrieländer, einschließlich einfacherer Herkunftsregeln, - eine Lösung für das Problem der Präferenzerosionen, - zoll- und quotenfreien Zugang für die ärmsten Länder über den EU-Markt hinaus, - mehr Entwicklungszusammenarbeit, um ihre Handelsstrukturen zu entwickeln (Aid for Trade) und Beschränkungen der Angebotsseite zu überwinden.
Leider werden diese Forderungen bisher nicht berücksichtigt.
Außerdem forderten diese Länder eine Änderung des TRIPS-Abkommens, um gesicherten Zugang zu bezahlbaren Medikamenten zu erhalten. Doch vier Jahre nach der Doha-Erklärung zur öffentlichen Gesundheitsversorgung ist auch dies immer noch nicht erreicht worden.
"Die Entwicklungsrunde wurde auf den Kopf gestellt. Aber die reichen Länder sollten sich daran erinnern, dass Afrika und andere Entwicklungsländer die Macht haben, das WTO-Abkommen zu blockieren, wenn es ihnen keinen Nutzen bringt. Und sie wären absolut im Recht, wenn sie dies täten. Die dadurch entstehenden Verluste würden dann alle treffen", so Muriu.
Kontakt:
Jörn Kalinski, 030 - 42850623 oder Amy Barry +44 1865 472254 oder +44
7980 664397
Der englischsprachige Bericht "Africa and the Doha Round - Fighting
to keep development alive" ist unter
http://www.oxfam.de/download/Africa_and_the_Doha_Round.pdf
im Internet zugänglich.
Zwischen 1990 und 1999 wuchs die Armut in Afrika um 3%, während im
gleichen Zeitraum die Armut weltweit im Durchschnitt um 7% sank. Der
Anteil Sub-Sahara-Afrikas am Welthandel sank von 6% im Jahr 1990 auf
ca. 5% im Jahr 2003.
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