Reformversprechen für Welthandel gebrochen - "Entwicklungsrunde" ins Gegenteil verkehrt
Berlin/Genf/Oxford (ots)
Die Versprechen zur Reform des Welthandels - von den reichen Ländern vor vier Jahren in Doha abgegeben - werden beim 6. Ministertreffen der Welthandelsorganisation (WTO) nächste Woche in Hongkong wohl gebrochen, warnt Oxfam International in einem heute veröffentlichten Bericht.
Handel hat das Potential, Millionen Menschen aus der Armut zu helfen. Was eine "Entwicklungsrunde" sein sollte, wurde jedoch auf den Kopf gestellt: reiche Länder fordern immer größere Zugeständnisse von armen Ländern, geben aber selbst sehr wenig dafür.
"Diese Verhandlungen sollten die erforderlichen Reformvorschläge hervorbringen, um Entwicklung anzukurbeln. Aber das Hin und Her zwischen den reichen Ländern hat nichts als Stillstand hervorgerufen und die Verhandlungen entgleisen lassen. Eine solche Politik wird das Leben armer Menschen nicht verbessern", sagte Phil Bloomer, Leiter von Oxfams Make Trade Fair-Kampagne.
"Zudem bestehen die reichen Länder darauf, dass die armen Länder weit reichende Zugeständnisse machen. Diese harten Einschnitte - 'blood on the floor' - von anderen WTO-Mitgliedern bräuchten sie, um das Abkommen zuhause verkaufen zu können. Eine solche Machtpolitik verkehrt die Entwicklungsversprechungen von Doha in ihr Gegenteil. Auf dem derzeitigen Kurs werden die Verhandlungen kaum Nutzen für die Armen bringen und den Entwicklungsländern sogar Schaden zufügen", so Bloomer.
Eine Reform des Agarhandels ist unumgänglich, um den ärmsten Menschen der Welt zu helfen; dennoch haben die reichen Länder ihre Versprechen, das Dumping zu beenden und den Marktzugang für Importe aus armen Ländern zu verbessern, nicht gehalten. Bei Baumwolle, einem der krassesten Beispiele für den negativen Einfluss von Dumping auf afrikanische Bauern, gibt es keine Fortschritte. Gleichzeitig wird der Druck auf Entwicklungsländer erhöht, sogar zu Lasten ihrer verarmten Bauern die Märkte zu öffnen.
Dem Oxfam-Bericht zufolge geben die Verhandlungen zu Industrie-Zöllen noch größeren Anlass zur Besorgnis. Bei Umsetzung der gegenwärtigen Vorschläge könnten in vielen armen Ländern ganze Industrien zerstört werden. Entwickelte Länder haben darauf gedrängt, dass die Zölle in Entwicklungsländern stärker als in reichen Ländern gesenkt werden - in direktem Widerspruch zu den in Doha gemachten Versprechen, armen Ländern geringere Zollsenkungen zu erlauben.
In den Gesprächen über Dienstleistungen versuchen die reichen Länder, die Spielregeln zu ändern. Anstatt der in Doha beschlossenen "opt-in"-Methode (freiwillige Angebote) zu folgen, verlangen sie nun ein Benchmarking - eine Mindestverpflichtung von allen Mitgliedern hinsichtlich der Anzahl der Sektoren und des Grades der Öffnung, was armen Ländern eine verfrühte Liberalisierung aufzwingen könnte.
Für Entwicklungsländer wichtige Belange hingegen werden verdrängt. Es gab kaum Fortschritte im Festlegen von Details der versprochenen "besonderen und differenzierten Behandlung" für arme Länder, neue WTO-Mitglieder werden genötigt, harte Beitrittsbedingungen zu akzeptieren und die Unterstützung für arme Länder bei der Implementierung existierender WTO-Abmachungen ist völlig unzureichend.
Zwar haben die reichen Länder einigen Entwicklungsbelangen etwas Aufmerksamkeit geschenkt, wie z.B. "Entwicklungshilfe für den Handel", Handelserleichterung und Präferenzerosion, aber Oxfam ist besorgt, dass dieses "kleine Entwicklungspaket" die Entwicklungsländer dazu nötigen soll, auf anderen Gebieten schädliche Zugeständnisse zu machen.
"Damit diese Gespräche Erfolg haben, müssen die mächtigen Länder, angeführt von der EU und den USA, ihre Versprechen wahr machen und Entwicklung in den Mittelpunkt jeder einzelnen Vereinbarung stellen. Alles andere wäre ein Bruch der Doha-Deklaration. Der Ball ist eindeutig im Feld der reichen Länder", so Bloomer.
Der Bericht schließt mit der Einschätzung, dass die gegenwärtig vorliegenden Verhandlungsangebote nicht der Entwicklung dienen und dass sie sogar mehr Schlechtes als Gutes bewirken könnten. Wenn die jetzige Kompromisslosigkeit der reichen Länder anhält, werden die Handelsgespräche scheitern oder Entscheidungen zumindest bis weit ins nächste Jahrzehnt aufgeschoben. Das schlimmste Ergebnis wäre ein schlechtes Abkommen, das auf lange Zeit Handelsregeln in Stein meißelt, die Entwicklung behindern. Einem solchen Deal sollten die armen Länder nicht zustimmen müssen.
Leider sind die möglichen Alternativen zu einem Abkommen in der WTO für die Entwicklungsländer ebenso unattraktiv. Regionale und bilaterale Handelsabkommen mit der EU und den USA bedeuten für die Entwicklungsaussichten ein noch größeres Risiko.
Kontakt:
Jörn Kalinski, +49 30 42850 621
Der Bericht "Blood on the floor - How rich countries have squeezed
development out of the WTO Doha negotiations" ist unter
http://www.oxfam.de/download/blood_on_the_floor.pdf
herunterzuladen.
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