Medienboard Berlin-Brandenburg GmbH
Tag 2 der MEDIA CONVENTION Berlin - Die Zukunft des Journalismus
Berlin (ots)
Am zweiten und letzten Kongresstag der neuen MEDIA CONVENTION Berlin kamen wieder rund 2000 Besucher in die Station-Berlin. Zentrale Themen am Mittwoch waren die Zukunft des Journalismus und die Demokratisierung der Medien: Wie gewinnt man Leser oder Zuschauer? Wie werden Artikel künftig rezipiert? Wie lassen sich journalistische Angebote finanzieren? Dazu waren führende Medienmacher, Unternehmer und Journalisten eingeladen, um über die Chancen und Herausforderungen von morgen zu diskutieren.
Die Highlights von Tag 2:
Out of the Dark
Was hat der Fall Snowden mit der Pressefreiheit gemacht? Auf der MEDIA CONVENTION Berlin sprachen Ole Reißmann (Spiegel Online) und Jacob Appelbaum, freier Journalist (Der Spiegel), über die Machenschaften der Geheimdienste und Sicherheitsbehörden. Nach den Snowden-Leaks zum globalen Überwachungs- und Spionageangriff empfand Appelbaum die staatlichen Einschüchterungsmethoden in den USA als massiv und zog nach Berlin. Appelbaum hat in Deutschland eine Aufenthaltsgenehmigung beantragt und will nach eigener Aussage nicht in die USA zurückkehren. "Der deutsche Journalismus dient dem öffentlichen Interesse, der amerikanische den politischen Institutionen," so das Fazit von Appelbaum. Der Umgang mit Journalisten sei aber ein grundlegendes Zeichen für den Zustand eines Staates. "Wie Journalisten von der Verfolgung betroffen sind, betrifft auch die Presse insgesamt und das betrifft die ganze Gesellschaft."
The Future of News - The Crowd versus The Editor?
Richard Porter von der BBC, Rowan Barnett von Twitter, Benjamin Ruth von VICE Media sowie Måns Adler, Gründer von Bambuser, sprachen bei "The Future of News - The Crowd vs. the Editor?" über die Vor- und Nachteile des Bürgerjournalismus.
Alle Teilnehmer waren sich einig, dass es nicht um ein gegeneinander, sondern um ein miteinander in der Zukunft geht. "Die Journalisten und die 'Crowd' arbeiten miteinander, ergänzen sich, profitieren voneinander. Das Wichtigste sei das Vertrauen der Zuschauer, Hörer und User in die Informationen. [...] Deshalb verbringen unsere Redakteure sehr viel Zeit damit, Informationen zu überprüfen. Also im Prinzip das, was Journalisten schon immer getan haben," so Richard Porter von BBC Global News.
Auch für Rowan Barnett, Deutschland-Chef von Twitter, arbeiten die 'Crowd' und die Journalisten nicht gegeneinander, sondern ergänzen sich. Für Journalisten sei es ein wichtiges Tool, um Informationen zu bekommen und Inhalte für Breaking News zu kreieren. "In den letzten Jahren waren viele Breaking News aus der ganzen Welt zuerst auf Twitter und wurden dann von Journalisten aufgegriffen," so Barnett. Benjamin Ruth, Chef von VICE Media Deutschland, betont ebenfalls den Informationsvorsprung, den Journalisten durch die News von Usern bekämen. "Durch die sozialen Netzwerke und Plattformen haben wir Millionen von neuen Mitarbeitern. Die Aufgabe der Journalisten ist es, die Informationen zu prüfen und in einen Kontext einzuordnen. Nur wenn wir das Gesehene und Gelesene in einen Kontext einordnen, entsteht ein Mehrwert."
Måns Adler, der mit seiner Firma Bambuser eine App geschaffen hat, die Video-Streams in Echtzeit ermöglicht, spricht von den Vorteilen, die auch große Medienunternehmen durch diese Form der News-Produktion hätten: "Die Kosten für journalistisch produzierte Filme gerade aus dem Ausland sind für die meisten Redaktionen zu hoch. Auf Grundlage des Materials der Crowd können sie weiterarbeiten." Das bestätigt auch Richard Barnett von Twitter: "The crowd is everwhere. The media companies are not." Für Benjamin Ruth sind die sozialen Plattformen als 'Feedback-Channel' ein entscheidender Vorteil, dass es kein Top-Down-Prozess mehr gebe, sondern einen aktiven Dialog zwischen Redaktion und Crowd. Darin liege die wahre Macht: "Building public opion. Creating what democracy is about. That's the beauty of social media."
Großbaustelle Qualitätsfernsehen
In der Session "Großbaustelle Qualitätsfernsehen" diskutierten Dr. Carsten Brosda (Medienbeauftragter der Freien und Hansestadt Hamburg), Marc Jan Eumann (Staatssekretär für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien), Thomas Frickel (Geschäftsführender Vorsitzender AG DOK), Prof. Hermann Rotermund (Leiter des Projekts Grundversorgung 2.0 an der Leuphana Universität) und Patricia Schlesinger (Leiterin des Programmbereichs Kultur und Dokumentationen beim NDR) die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Hier sehen auch die Vertreter der Öffentlich-Rechtlichen selbst Reformbedarf in den eigenen Reihen. Patricia Schlesinger: "Es geht nicht weiter wie bisher. Das System muss erneuert, die Transparenz gesteigert werden. Was wir brauchen sind schmalere Strukturen, ein schmalerer, flexiblerer Apparat!" Thomas Frickel sieht die Lösung bei den Zuschauern: "Die Beitragszahler müssen stärker eingebunden, der öffentlich-rechtliche Rundfunk in die Mitte der Gesellschaft geholt werden! Transparenz, Partizipation, demokratische Beteiligung sollen für einen Kreativitätsschub im öffentlich-rechtlichen TV sorgen!" In der Session ging es auch um die Einführung des viel diskutierten Jugendkanals: "Die Akzeptanz bei Jugendlichen ist der Sorgenpunkt. Wir müssen junge Angebote in der Primetime der Hauptsender platzieren. Ein Jugendkanal sollte öffentlich und nicht hinter verschlossenen Türen entwickelt werden", so Prof. Hermann Rotermund.
Die "Breaking News"-Show: 23 Thesen der Zukunft der Medien
Bei der "Breaking News"-Show fassten Ole Reißmann (Spiegel Online), Jessica Binsch (Deutsche Presseagentur) und Hakan Tanriverdi (freier Journalist, Süddeutsche.de) die neuesten Entwicklungen in der Medienwelt zusammen.
Content across Borders! How to create Borderless Access to Public Broadcast in Europe
Wie lassen sich die Widersprüche zwischen nationalen, gebührenfinanzierten Fernsehinhalten und einem globalen Internet auflösen? Und wie müsste die Rechtesituation modifiziert werden, um einen Zugriff im EU-Raum zu ermöglichen? Darüber diskutierten Ingrid Deltenre (Direktorin EBU), Marie Humeau (EDRI) und Lorena Boix Alonso (EU Kommission).
Moderatorin Solona Larsen machte bereits am Anfang auf die große Nachfrage auf Seiten der Nutzer nach diesem Angebot aufmerksam: "Citizen expect to be provided with material from all public broadcasters across Europe." Ingrid Deltenre formulierte drei Problemlagen: Medienproduzenten sehen sich dem Druck ausgesetzt ihre Programme und Produktionen zugänglicher zu machen, müssen jedoch vor allem den nationalen Markt abdecken. Die Globalisierung der Filmindustrie bei gleichzeitig hoher Diversifizierung stellt ein weiteres Problem dar. Letztlich sehen sich global agierende Medienunternehmen einer Vielzahl nationaler Regulierungen ausgesetzt.
Lorena Boix Alonso beschrieb die Aufgabe der EU Kommission, eine vereinfachte Rechtsgrundlage insbesondere im Bereich Urheberrecht auf europäischer Ebene zu etablieren. Die Balance zwischen einem öffentlichen und privaten System schaffe die Vorraussetzung für ein pluralistisches Medienangebot. Marie Humeau zog das Resümee, dass der Markt bisher keine ausreichende Lösung für die Distribution "across borders" geliefert habe und nun die Legislative einschreiten müsse.
Die erste Web Week Night in der STATION
Am Dienstagabend hat in der STATION-Berlin die erste Web Week Night stattgefunden, bei der BesucherInnen von re:publica, MEDIA CONVENTION Berlin und NEXT zusammen feierten. In Kooperation mit dem XJAZZ und Reeperbahn Festival spielten auf zwei Bühnen Bands und DJs - Heidi Mortenson, das DJ-Team "karmafauna" oder die vom XJazz-Festival präsentierte Band "Chris Adams & Trio 68" sorgten auf Stage 1 für Lounge-Atmosphäre. Auf Stage 2 sorgten die Berliner Band U3000, BOKKA oder der Sängerin DENA für Partyatmosphäre.
Über die MEDIA CONVENTION Berlin
Unter dem Motto "Media Rules!" geht es um den Austausch zwischen etablierten und neuen Medien, Big Playern und Start-Ups, offline und online. Entscheider der öffentlich-rechtlichen und privaten Sender treffen auf Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft, auf Blogger und Medienaktivisten. Die MEDIA CONVENTION Berlin wird vom Medienboard Berlin-Brandenburg veranstaltet und findet im Auftrag der Länder Berlin und Brandenburg sowie in Kooperation mit der Medienanstalt Berlin-Brandenburg und der re:publica statt. In den vergangenen Jahren war der Medienkongress des Medienboard Teil der MEDIENWOCHE@IFA.
Pressekontakt:
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