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WAZ: Obama füllt das Sommerloch - Überflüssige Staatsaffäre. Leitartikel von Norbert Robers

Essen (ots)

Nahezu alle politischen Beobachter waren sich
zuletzt einig, dass SPD-Chef Kurt Beck beste Chancen hat, das 
politische Sommerloch 2009 zu füllen. Hat er das Zeug zum 
Kanzlerkandidaten? Will er es überhaupt werden? Lässt man es ihn 
werden? Jede dieser Fragen ist zwar bereits gestellt worden - aber 
halt noch nicht von jedem. Entscheidend sind freilich die Antworten. 
Und die sind, egal von wem sie kommen und wie sie ausfallen, immer 
interpretationsfähig. Das wiederum füllt das Sommerloch. Ein echter 
Selbstläufer.
Das politische Berlin hat sich überraschenderweise zunächst für 
ein anderes Thema entschieden: Darf der US-Präsidentschaftsbewerber 
Barack Obama eine Rede vor dem Brandenburger Tor halten? Darf 
Deutschland eines seiner wichtigsten Symbolbauten für einen 
wahlkämpfenden Politiker hergeben? Die Nation, so scheint es, hält 
die Luft an. Merkel sagt Nein, Steinmeier Ja. Die Angelegenheit droht
aus dem Koalitions-Ruder zu laufen. Zumal praktisch jeder 
Abgeordnete, der die Hauptstadt noch nicht Richtung Rügen oder Rimini
verlassen hat, seinen Senf dazugibt. Ein tröstendes Wort an die 
Wenigen, die noch nicht zu Wort gekommen sind: Es ist nicht 
ausgeschlossen, dass ARD oder ZDF bereits in Kürze einen Brennpunkt 
oder eine Talkrunde mit den denkbaren Titeln "Barack in Berlin" oder 
"Die Torheit des O." anbieten werden - die Gästelisten sind noch 
leer.
Was liegt näher, als jetzt wieder das alte Lied anzustimmen, 
wonach sich die Politiker einmal mehr um Nebensächlichkeiten kümmern,
anstatt die wesentlichen Dinge des Lebens anzupacken. Das ist 
tatsächlich beklagenswert, aber eben nur die halbe Wahrheit. Die Art 
und Weise, wie Teile der Öffentlichkeit eine völlig überflüssige 
Querele zu einer Staatsaffäre entwickeln, entbehrt ebenfalls jeder 
Vernunft und Logik.
Zumal die Sache, zumindest aus deutscher Sicht, schnell geklärt 
ist: Weder Merkel noch Steinmeier, die auch als Koalitionäre nicht 
immer einer Meinung sein müssen, haben in dieser Frage auch nur ein 
Wörtchen mitzureden. Es ist allein der Berliner Bürgermeister, der 
den Platz freigeben oder sperren darf. Und Klaus Wowereit hat sich 
bereits entschieden. Barack Obama darf, wenn er denn will.
Und das ist die wesentlich interessantere Frage: Ist der Bewerber
gut beraten, sich mit der Wahl des Rede-Orts indirekt mit den 
Brandenburger-Tor-Rednern und Ex-Präsidenten Reagan und Clinton auf 
eine Stufe zu stellen? Das könnte auch daheim als Stillosigkeit 
bewertet werden.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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