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WAZ: In diesem Streit gibt es nur Verlierer. Kommentar von Hans-Josef Justen
Essen (ots)
Einer der wichtigsten olympischen Grundgedanken wurzelt in der hehren Absicht, im Streben nach harmonischer Gemeinsamkeit eine Art Familienzusammenführung unter den Völkern der Welt zu bewerkstelligen. Doch genau dieses löbliche Ziel ist durch das Gezänk um die Teilnahme prominenter Fußball-Profis schon fast verfehlt worden. Denn hier dominiert kein verträgliches Miteinander, sondern ein unerträgliches Gegeneinander unter Spielern, Vereinen und Verbänden. Schalkes Rafinha und der Bremer Diego widersetzen sich mit Sturheit und Beharrlichkeit der Anordnung ihrer Klubs, die wegen unterschiedlicher, nicht klar definierter Rechtsauslegung mit dem IOC und der FIFA im Clinch liegen. Jetzt soll der internationale Sportgerichtshof entscheiden, was richtig spannend werden kann: Urteilt er zu Gunsten der Vereine, die mit Recht darauf bestehen, die vertraglichen Pflichten ihres hochbezahlten Personals einzufordern, oder stützt er die Auffassung des IOC und der FIFA, die eine Berufung zu Olympia mit nationaler Ehre gleichsetzen? Doch wie auch immer das Urteil ausfällt - es kann nur Verlierer geben: Dürfen Rafinha und Diego in Peking teilnehmen, fühlen sich die Klubs über den Tisch gezogen. Wird beiden Millionaros aber der schwärmerische Traum zerstört, werden sie wohl nicht gerade begeistert in den Alltagstrott ihrer Arbeitgeber zurückkehren, die im Zweifel jedoch mit noch weit schlechteren Karten spielen. Denn die begehrten Stars werden ganz schnell wieder eine alternative Baustelle finden, wenn sie aus Groll gar den Rausschmiss provozieren sollten. Sie sitzen am längeren Hebel und können der Lösung des Problems deshalb mit größerer Gelassenheit entgegensehen als die Vereine.
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