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WAZ: Finanzkrise - Mit Schneebällen Hochöfen löschen - Leitartikel von Detlef Fechtner

Essen (ots)

Für Banker ist der morgendliche Blick in die
Tageszeitung derzeit ein masochistisches Ritual. Börsentäglich geht 
ein Finanzkonzern in die Knie - oder wird gerade noch durch 
Notverkauf gerettet. Auch dem Bürger kann bange werden. Er 
registriert mit Sorge, dass die Notenbanken ständig Milliarden in den
Markt pumpen. Aber genauso gut könnten sie versuchen, einen Hochofen 
mit Schneebällen zu löschen.
Stürzt gerade das ganze Finanzsystem in sich zusammen? Nein. Oder
zumindest: Aller Voraussicht nach nein - ganz sicher kann sich 
schließlich niemand sein in Zeiten, in denen die ersten Adressen der 
Wall Street von jetzt auf nun verschwinden. Vieles spricht dafür, 
dass die meisten Banken, Sparkassen und Versicherungen das Beben 
überstehen werden. Zumindest jene, die sich nicht nur um doppelt 
geswapte Nullkuponanleihen kümmern, sondern auch um Sparbücher und 
Betriebskredite.
Kein Wunder, dass sich die Deutsche Bank gerade jetzt die 
Postbank angelt. Es ist nur ein paar Jahre her, da wollte sie das als
renditeschwach verspottete Geschäft mit Kleinkunden aufgeben und sich
aufs hochgelobte Investmentbanking konzentrieren. Heute wird man 
heilfroh sein, dass das nicht geklappt hat. Denn längst ist 
Hausmannskost angesagt, nicht Nouvelle Cuisine.
Ist der Kasino-Kapitalismus am Ende? Ja. Zumindest wenn damit 
jenes völlig übersteigerte Bankgeschäft gemeint ist, das eine Menge 
sinnloser Kapitalmarktprodukte hervorbrachte. Das einige überbezahlte
Banker dafür belohnte, für schwankende Kurse und spekulative 
Übertreibungen zu sorgen. Und das alle erdenklichen Risiken in 
Wertpapiere verpackte und neu zusammenstellte - bis am Ende jeder 
glauben konnte, die Risiken wären aus der Welt.
Gewiss, auch in Zukunft wird es Spekulanten geben und 
Terminbörsen und auch Preisblasen, denn die gab es schon immer. Aber 
der - sprachlich als "Investmentbanking" geschönte - Versuch, die 
ganze Welt zum Spekulationsobjekt zu machen, ist zunächst 
gescheitert. Das große Glücksspiel ist erst einmal aus.
Eigentlich müsste das ein Anlass sein, um erleichtert zu sein. 
Aber noch ist nicht raus, was dieser lehrreiche Kollaps den 
Steuerzahler kostet. Keiner kann sagen, wie viele Finanzspritzen 
nötig sind. Niemand weiß, wie stark die Krise die Wirtschaft bremst. 
Das Risiko zu bestimmen ist fast so schwer wie bei den komplizierten 
Wertpapieren, die das Debakel ausgelöst haben.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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