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WAZ: Rauswurf von Michael Kaufmann - Katastrophal für die Kulturhauptstadt - Leitartikel von Gudrun Norbisrath

Essen (ots)

Der Rauswurf des Intendanten der Philharmonie Essen
ist nicht nur bitter für die Kultur in der Region, er ist peinlich, 
und mehr. Ganz gleich, was für die Politik den Ausschlag gab, jetzt 
so zu handeln: Das Signal ist katastrophal. Nicht nur wegen der 
Kulturhauptstadt, aber auch ihretwegen.
Das Ruhrgebiet ist ja ganz groß darin, seinen Ruf als Region der 
Kulturbanausen zu festigen. Wir haben manches Trauerspiel erlebt - 
zum Beispiel in Dortmund, wo mit dem Intendanten Ulrich Andreas Vogt 
ein Initiator und Geldgeber des Konzerthauses gefeuert wurde. Auch 
ihm wurde die Auslastung zum Verhängnis; sein Nachfolger erntete dann
großes Lob für seine erste Saison. Sie war von Vogt konzipiert.
Der andere Skandal war der um Frank Castorf, der bei den 
Ruhrfestspielen abserviert wurde. Seine Auslastung war miserabel, 
aber bis heute ist nicht klar, wie weit der DGB als Gesellschafter 
und Ticket-Vermittler am Misserfolg mitgewirkt hat. Dem wilden 
Theater-Erneuerer stand der Gewerkschaftsbund jedenfalls äußerst 
skeptisch gegenüber.
Und jetzt also Michael Kaufmann, dessen künstlerische Verdienste 
niemand infrage stellen darf. Geld kann ein Argument sein - man muss 
aber die dringende Frage stellen, warum kein unabhängiger Prüfer 
hinzugezogen wurde. So kann man mit einem renommierten Intendanten 
nicht umgehen. Und die Größe des Saales ist nicht ihm anzulasten. Das
ganz große Publikum hat sich für ein Spitzenprogramm noch nicht 
ansprechen lassen.
Das wirft auch Fragen auf für die Zukunft. Konzerthäuser in 
Dortmund, Essen, Duisburg, bald auch in Bochum - sind diese 
Dimensionen richtig? Wären nicht Programmabsprachen, 
Spezialisierungen der Häuser sinnvoll? Kultur kann man nicht genug 
haben, das ist wahr. Aber sie muss auch vernünftig sein.
Und dann ist da eben auch noch die Kulturhauptstadt. Kann eine 
Region, in der so schmählich mit einem fähigen Kulturmanager 
umgegangen wird, den Titel beanspruchen? Die Antwort lautet trotz 
allem: Ja. Das Ruhrgebiet hat viele eindrucksvolle Kulturorte, viel 
Begeisterung und Elan für 2010. Und der Blick zurück lässt auch 
hoffen: So groß das Desaster in Dortmund damals war, es hat keine 
nachhaltigen Spuren hinterlassen. Die Kunst hat gesiegt, das Haus ist
hoch angesehen und wird gut besucht. Wenn Essen sich besinnt und 
schnell klug handelt, kann es gerade noch mal gut gehen. Die 
Verantwortung ist groß.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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