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WAZ: US-Rettungspaket - Erst löschen, dann quatschen - Leitartikel von Thomas Wels

Essen (ots)

Es ist schon ein bemerkenswertes Schauspiel, das die
Abgeordneten im US-Repräsentantenhaus auf offener Weltbühne 
abliefern. Der Heuschober brennt lichterloh, und die Damen und Herren
erlauben sich eine Grundsatzdebatte darüber, ob man nun löschen solle
oder nicht.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Natürlich hat 
sich der Staat zurückzuhalten. Wer Unternehmen mit Steuergeld rettet,
der sozialisiert die Risiken und privatisiert die Gewinne. Er 
verzerrt den Wettbewerb, was höchst ungerecht ist, weil er ein 
Unternehmen rettet, das andere nicht. Die Finanzkrise enthebt sich 
aber schon längst solcher ordnungspolitischer Überlegungen, und zwar,
weil es sich um Banken handelt, die von einem Flächenbrand bedroht 
sind.
Es geht hier nicht darum, Missmanagement zu heilen und die 
betroffenen Bank-Aktionäre mit Staatsgeld rauszuboxen. Das ist zwar 
eine leidige Begleiterscheinung einer Rettungsaktion; aber - um im 
Bild zu bleiben - ein vernünftig denkender Mensch kommt auch nicht 
auf die Idee, nur die halbe Scheune zu löschen.
Banken sind etwas Besonderes: weil ohne sie und ihre Kredite das 
Wirtschaften zum Stillstand kommt, weil einige von ihnen groß und 
weltweit verflochten sind, weil bei ihnen Spargelder der kleinen 
Leute wie die Vermögen der Millionäre liegen. Wenn eine Bank und eine
zweite stirbt, dann ist das schlimm, aber kein Drama. Ein Drama ist 
es, wenn die Krise sich ausbreitet und eine Bank nach der anderen mit
sich reißt, weil es an flüssigen Mitteln fehlt. Davon sind wir weit 
entfernt, gerade in Deutschland mit den Sparkassen, Volksbanken und 
Banken.
Dennoch ist die Lage ernst: Geld ist da, aber die Banken geben es
sich nicht mehr. Ein Geldhaus traut dem anderen nicht. Deshalb 
versuchen Notenbanken, möglichst viel Geld zur Verfügung zu stellen, 
um das Vertrauen zwischen den Banken wieder herzustellen. Jede neue 
Pleite wirkt in dieser Situation wie ein Sturm, der ins Feuer bläst. 
Ganz ohne Frage musste die Bundesregierung die Hypo Real Estate 
retten. Und wenn die US-Abgeordneten sich weiter dieses abstruse 
Theater erlauben, werden viele Banken nicht mehr zu retten sein.
Es ist bemerkenswert paradox, dass sich ausgerechnet die 
wirtschaftsnahen Republikaner, die sonst alles zum Nutzen und Frommen
der US-Konzerne unternehmen, eine ideologische Debatte um das Für und
Wider von Markteingriffen erlauben. Erst löschen, dann quatschen.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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