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WAZ: Islam und "Islamisierung" - Nur Offenheit schafft Ängste ab. Leitartikel von Rolf Potthoff

Essen (ots)

Stell Dir vor, Deutschlands größte Moschee wird im
Herzen einer alten, traditionsbewussten, christlichen Industriestadt 
errichtet und kaum einer protestiert. Weil das in einem Duisburger 
Stadtteil der Fall ist, wird das "Wunder von Marxloh" gerühmt. In 
Köln war es anders. Da herrschten nicht nur Ängste braver Bürger 
gegenüber dem Fremden, sprich, dem Islam; da bedient sich gar eine 
braune Gefolgschaft jener Furcht angesichts des Baus einer Moschee, 
um die Ängste in unverhohlenen Fremdenhass und Rassismus umzumünzen.
Der Unterschied liegt klar auf der Hand: In Köln wurde der 
Moscheebau anfangs zu nassforsch oder in blinder Naivität weitgehend 
ohne Einbeziehung der bürgerlichen Nachbarschaft, der christlichen 
Gemeinden bzw. anderen Gruppen, in deren Alltag so ein Vorhaben 
eingreift, vollzogen. In Duisburg ist der Bau in einem Netz 
gegenseitiger Information, guter Nachbarschaft und gewachsenem 
Vertrauen verwoben. So simpel sind manchmal Wunder zu erklären.
Was ist die Lehre daraus? Sie lautet: Nicht genug kann das 
"Fremde" erklärt und transparent gemacht werden. Islamische 
Unterrichtung darf nicht den Hinterhöfen überlassen bleiben. Dort 
Offenheit und hier die Bereitschaft, sich auf Ungewohntes 
einzulassen, sind die Schlüssel zur Integration. Das nimmt Ängste vor
fremden Kultureinflüssen, die Skeptiker wie der Autor Ralph Giordano 
als "schleichende Islamisierung der deutschen Gesellschaft" 
artikulieren.
Konkret heißt das: Dem vielstimmigen, doch oft folgenlosen Gerede
im politischen Raum müssen Taten folgen: Wir brauchen in Deutschland 
ausgebildete Imame und islamischen Religionsunterricht an den Schulen
- in Deutsch. Wenn es dem Trägerverein der Kölner Moschee möglich 
ist, das Freitagsgebet in Deutsch halten zu lassen, muss das auch 
anderswo möglich sein. Dass hier von so viel "Deutsch" die Rede ist, 
hat seinen Sinn: Was man versteht, verliert seine Fremdheit. Das 
Genannte umsetzen liegt - zum Teil - in der Hoheit der Länder. Wenn 
sie will, kann sich die Rüttgers-Regierung damit profilieren. Auch 
gegen traditionsbezogene Bedenken konservativer muslimischer Kreise, 
falls es sie denn gibt.
Bei einer Konferenz in Bonn diskutieren Migrationsforscher und 
Politiker nun über die Wechselwirkungen, die zwischen Migranten und 
ihrer neuen Heimat entstehen. Die meisten Migranten sind Muslime, die
als Nachbarn, Arbeitnehmer und Arbeitgeber Bürger Deutschlands 
geworden sind oder werden. Vertrauen auf Gegenseitigkeit ist dafür 
der Boden, ohne den es nicht geht.

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Telefon: 0201 / 804-2727
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