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WAZ: Der Amoklauf - Die Explosion verhindern - Leitartikel von Christopher Onkelbach

Essen (ots)

Sechzehn getötete Menschen, sechzehn Leben
ausgelöscht. Von einem Irren, von einer missratenen Persönlichkeit. 
Von einem hasserfüllten Täter - oder muss man auch bei Tim K. - so 
ungern wir dies denken mögen - von einem Opfer reden? Bei allen 
Erklärungsversuchen, die Experten uns anbieten - es bleibt ein großes
Nichtverstehen, eine lähmende Fassungslosigkeit, ein abgrundtiefes 
Entsetzen.
Wie ein junger Mensch zu einem kaltblütigen, grundlosen Mörder 
werden kann und wahllos tötet, angetrieben von unergründlichem Hass, 
das ist zunächst unbegreifbar.
Und doch bleibt kein anderer Weg als sich mit Erklärungsversuchen
und Analysen diesen Taten zu nähern. Nur so lässt sich womöglich ein 
Grundmuster erkennen, eine Typologie des Täters. Und nur so ist es 
vielleicht möglich, Amoktaten zu verhindern. Deshalb können wir nicht
Halt machen bei unserem verständlichen Entsetzen.
Rezepte gibt es keine. Doch was offensichtlich in den meisten 
Fällen fehlte, ist die nötige Aufmerksamkeit. Bei Eltern, die nicht 
wissen, was ihr Kind in seiner Freizeit treibt, die sich nicht 
interessieren für das Leben ihres Sohnes. Bei Mitschülern, die einen 
Außenseiter schneiden oder mobben. Bei Lehrern, die keinen Blick 
haben für die Nöte eines Schülers. Vertraut sich dieser dann einem 
Erwachsenen an, sucht seinen Rat und wird erneut abgewiesen, schmerzt
dies oft mehr als Schläge oder Prügel. Die einen ziehen sich 
daraufhin in sich zurück, andere explodieren, wissen Kriminologen. Um
nicht missverstanden zu werden: Hier geht es nicht um Verständnis, 
sondern nur darum, die Explosion zu verhindern.
Was wir brauchen, ist eine Kultur der Aufmerksamkeit, des 
Kümmerns, auch oder gerade in Zeiten, wo allenthalben der Druck auf 
den Einzelnen wächst. So können Missachtung, soziale Verwahrlosung 
und Kränkungen vermieden werden - und vielleicht potenzielle Täter 
vor einer Tat aufgefangen werden.
Doch zugleich braucht es klare Regeln. Im Elternhaus, in der 
Schule. Verfehlungen müssen nachvollziehbare Folgen haben. Es darf 
nicht unbeachtet bleiben, wenn Mitschüler drangsaliert oder gemobbt 
werden, wenn Morddrohungen kursieren. Lehrer müssen reagieren, ein 
vertrauensvolles Schulklima schaffen. Eltern sollten wissen, was im 
Kinderzimmer geschieht. Sie müssen den Medienkonsum ihrer Kinder 
kennen und kontrollieren. Und schließlich: Wie kann es legal, mehr 
noch: normal sein, dass ein Familienvater zig Schusswaffen besitzt?

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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