Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Ackermanns Milliarden-Gewinn - Trügerische Normalität. Leitartikel von Ulf Meinke
Essen (ots)
Und die Gewinner der Bankenkrise sind: die Banken. Jedenfalls verdient das größte deutsche Institut wieder richtig Geld. Von April bis Juni verbuchte die Deutsche Bank einen Milliarden-Gewinn - auch dank glänzender Geschäfte im Investment-Banking. Profitieren also ausgerechnet die Verursacher der Krise, während sich die Bürger angesichts der Wirtschaftsflaute auf stagnierende Löhne, steigende Steuern und höhere Arbeitslosigkeit einstellen müssen? Vor diesem Hintergrund darf Bankchef Josef Ackermann nicht auf uneingeschränkte Bewunderung hoffen. Doch was wäre die Alternative? Es ist absurd, der Deutschen Bank vorzuwerfen, dass sie Gewinne verzeichnet. Ebenso verfehlt wäre allerdings eine Politik nach der Maßgabe: Alles, was gut ist für die Deutsche Bank, ist auch gut für Deutschland.
Die scheinbare Normalität auf den Finanzmärkten ist trügerisch. Das billige Geld der Notenbanken macht es den Instituten leicht, gut zu verdienen. Damit ist die Gefahr groß, dass alles so weitergeht wie bisher. Bislang haben die Staaten lediglich die Feuer an den Finanzmärkten gelöscht. Die Rettungsaktionen haben die Steuerzahler auch in Deutschland Milliarden gekostet. Mittelständische Unternehmer sind zu Recht sauer auf die Politik, die Banken mit Milliardensummen hilft, aber kaum grundsätzliche Korrekturen im Finanzsystem vornimmt. Besonders heikel ist der Grundsatz, dass angeblich systemrelevante Banken nicht pleite gehen dürfen. Dieses Prinzip ist nichts anderes als eine staatliche Einladung an Bankmanager, hohe Risiken einzugehen oder - böse formuliert - munter zu zocken. Denn im Notfall springt der Steuerzahler ein. Das Spiel im Casino läuft - und die Bank gewinnt immer? So jedenfalls darf es nicht sein.
Wohlgemerkt: Nicht Josef Ackermann beschließt die Regelwerke für den Finanzsektor, sondern Parlamente weltweit. Zunächst einmal ist also die Politik gefordert, Konsequenzen aus der Finanzmarktkrise zu ziehen. Das ist bisher nur unzureichend geschehen. Im Fall Deutsche Bank führt ein einfaches Schwarz-Weiß-Denken in die Irre. Die aktuellen Bilanzzahlen stellen einmal mehr unter Beweis, dass Ackermann als Marktteilnehmer erfolgreich agiert. Die Deutsche Bank war - anders als viele ihrer Konkurrenten - nicht auf Milliarden-Staatshilfen angewiesen. Außerdem hat das Institut gerade seine Risikovorsorge versiebenfacht - und damit auch Enttäuschung an den Börsen in Kauf genommen. Kurzum: Ein zügelloser Zocker ist Josef Ackermann gewiss nicht.
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