Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Was die SPD derzeit quält - Geht es doch mit den Linken? Leitartikel von Rolf Potthoff
Essen (ots)
Die Frage "Wie halten es Sozialdemokraten mit den Linken?" lässt sich nicht länger verdrängen. Dies gilt insbesondere für die NRW-SPD, die der Landtagswahl 2010 entgegensieht. Schon wegen der Machtperspektive muss sie Farbe bekennen: Warum sollte die FDP das Bündnis mit der Rüttgers-Union verlassen? Und dass es allein für Rot-Grün reicht, ist nicht verbrieft.
Nur - ist eine Zusammenarbeit überhaupt möglich? Man muss es betrachten, ohne ideologisch zu schäumen (abgesehen davon, dass Kooperation eine treffliche Möglichkeit ist, die Linken zu entzaubern. Sind sie willens, Verantwortung zu tragen?)
Das Problem: Bei einer Annäherung an die Linken läuft die SPD Gefahr, ihre Mitte-Wähler der Union oder FDP zuzutreiben. Dieses Risiko bleibt. Auch steckt der Ypsilanti-Vorwurf der Sozialdemokratie noch in den Knochen - obwohl der Vorwurf unpassend ist. Denn die Hessin hat ("kein Bündnis!") ein Wahlversprechen gebrochen. Falls die NRW-SPD aber ganz offen kein Bündnis ausschließt, begeht sie die Sünde nicht.
Doch ist eine Annäherung bis hin zur Zusammenarbeit überhaupt möglich? Ein Blick ins Linken-Programm zeigt, dass es etliche Schnittstellen gibt. Die Linke will "neue Arbeitsplätze durch ökologischen und sozialen Umbau"; eine "aktive Arbeitsmarktpolitik, die sich auf die konzentriert, die schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben". Die Linke will "das Primat der demokratischen Politik über die Wirtschaft"; eine Vermögenssteuer, die "demokratische Kontrolle der Finanzmärkte" und die Abschaffung von Gebühren im Bildungsbereich sowie den Mindestlohn. So etwas könnten auch Sozialdemokraten unterschreiben, ohne Ideale und Identität preiszugeben. Außerdem gehört es zu den Gepflogenheiten, Unvereinbares zunächst auszuklammern (bis es Lösungen gibt). Und Außen- und Sicherheitspolitik spielen auf Landesebene keine Rolle.
Grundsätzlich aber muss gelten: Einen "Schwamm über das DDR-Unrecht", für das der Linke-Vorläufer im Osten verantwortlich ist, kann es nicht geben. Wer im SED-Willkürsystem verstrickt war, hat in einer demokratischen Partei keinen Platz. Was auch für die gilt, die vom Umsturz der westlichen Staatsordnung träumen - es werden Häutungsprozesse nötig sein.
Übrigens: Einst wollte ein SPD-Ministerpräsident die Grünen "mit der Dachlatte" jagen. Später wurde in diesem, seinem Hessen der erste Grüne zum Minister ernannt.
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