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WAZ: Friedensnobelpreis - Ist Obama eine gute Wahl? Kommentar von Ulrich Reitz
Essen (ots)
Herzlichen Glückwunsch Barack Obama, herzliches Beileid Nobelpreis. Nichts gegen den US-Präsidenten, seine Visionen einer friedlicheren, multikulturell und -religiös toleranteren, klimafreundlichen Welt. Aber was hat dieser ehrenwerte Mann eigentlich bis dato geleistet, was konnte er überhaupt leisten in den elf Monaten seit seiner Wahl? Dem Preis-Komitee reichten Ankündigungen und Versprechungen, um den wichtigsten Friedenspreis der Welt zuzusprechen. Das schadet dem Preis, und es wird dem Preisträger nicht nutzen.
Der Nobelpreis an den Visionär kann den Spielraum des tagespolitischen Pragmatikers einschränken. Wie lautet wohl die Schlagzeile, wenn der Iran-Konflikt eskaliert und der Atomwaffen-Streit militärisch wird: Friedensnobelpreisträger bombardiert Atomanlagen? Wie jene, wenn Afghanistan im Desaster endet? Und aller positiven klimapolitischen Signale zum Trotz: der nächste Klimagipfel droht gerade an den Amerikanern zu scheitern. Washington macht keine altruistische, sondern interessengeleitete Politik. So versucht Obama, Afrika nicht nur aus Menschenfreundlichkeit für Amerika zu gewinnen; sondern auch, weil Hauptweltmacht-Konkurrent China in dieser rohstoffreichen Region dank gewaltiger Geldreserven vorne liegt.
Gewiss, Obama hat es schnell geschafft, die USA in der Welt moralisch zu rehabilitieren. Aber ist der Nobelpreis ein Bush-Weg-Preis? Und wenn es der Jury um diesen Effekt gegangen ist: weshalb hat sie nicht das amerikanische Volk prämiert?
Gerade wird die Welt - G 20 statt G 8 - multilateraler, ist dabei, Macht und Mitsprache auf mehr Köpfe zu verteilen. Da braucht es keinen Welt-Präsidenten. Die Nobelpreisler haben es nur gut gemeint.
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