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WAZ: Mordanschlag auf Karikaturisten - Die Freiheit der Religionskritik. Leitartikel von Wilhelm Klümper

Essen (ots)

Das war knapp. Dem islamistischen Terror wäre
beinahe die Blutrache für eine vermeintliche Beleidigung des 
Propheten Mohammed gelungen. Vor vier Jahren hatte der Karikaturist 
Kurt Westergaard in der dänischen Zeitung Jyllands-Posten Mohammed 
mit einer Bombe unterm Turban gezeichnet. Eigentlich ein satirisch 
trefflich überzeichnetes Bild für eine Religion, in deren Namen ein 
Kreuzzug gegen die aufgeklärte westliche Welt geführt wird.
Über so ein Bildchen müsste eigentlich im 21. Jahrhundert - nach 
der Französischen Revolution vor 220 Jahren und den bewegten 68ern - 
allenthalben geschmunzelt werden können. Weit gefehlt. Unser 
finsteres christliches Mittelalter mit Hexenverbrennung und 
Verfolgung freiheitlicher und aufklärerischer Ideen erlebt in Teilen 
des Islams eine Renaissance: Frauen werden dort im Namen der Religion
unter die Burka gezwungen, Homosexuelle und Ehebrecher gesteinigt. 
Und in Manhattan, Madrid, London, Djerba und fast auch im 
Regio-Express nach Hamm müssen Menschen durch den Terror fanatischer 
Islamisten sterben.
Kurt Westergaard, der eine vergleichsweise harmlose Karikatur 
gezeichnet hat, ist dank des Ausbaus seines Badezimmers zum 
Zufluchtsort nur knapp dem Tode entronnen. Auch Salman Rushdie, der 
vor 20 Jahren wegen des Romans "Die Satanischen Verse" mit dem 
islamistischen Todesurteil belegt wurde, lebt nur noch dank 
Polizeischutz. Leider weniger Glück hatte der Rushdie-Übersetzer der 
japanischen Ausgabe, den Killerkommandos getötet haben.
Es ist regelrecht eine intellektuelle Zumutung für jede freie 
Bürgergesellschaft, sich überhaupt mit irregeleiteten religiösen 
Eiferern auseinandersetzen zu müssen. In Europa sind mit Blut und 
Tränen der nach Freiheit dürstenden Bürger die finsteren klerikalen 
Mächte des Mittelalters vertrieben worden. Seitdem ist Religion ein 
freiheitliches privates Bürgerrecht.
Wie wäre es, wenn sich angesichts des religiös motivierten 
Terrors hier zu Lande Vertreter religiöser Gemeinschaften - allen 
voran der Islam im Schulterschluss mit dem Christentum - lautstark 
und ohne Wenn und Aber für unsere bürgerlichen Freiheiten einsetzen 
würden? Und die bedingen nun einmal auch die freie Meinungsäußerung. 
Und dazu gehören ganz selbstverständlich auch bitterböse Karikaturen,
auch wenn sie Religionsgemeinschaften nicht gefallen. So viel 
Freiheit ist schon lange und muss auch weiterhin selbstverständlich 
bleiben.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

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