Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Willkommen im Club - Kommentar von Gregor Boldt
Essen (ots)
Estland blickt traditionell nach Westen. Der kleine baltische Staat sah sich lange vom mächtigen Sowjetreich bedroht und fühlt sich auch heute in unmittelbarer Nachbarschaft Russlands nur bedingt wohl. Mit der Einführung des Euro zum Jahreswechsel hat es das Land geschafft, sich noch näher an Europa zu binden. Die Motive Estlands für den Währungswechsel sind deshalb eher politischer als wirtschaftlicher Natur, wenngleich sich 80 Prozent seines Außenhandels in der Europäischen Union abspielt. Aber braucht die Euro-Familie, die gerade ihre bisher größte Krise erlebt, noch ein weiteres, 17. Mitglied? Hat das Beispiel Griechenlands nicht gezeigt, dass selbst ein Land mit nur 2,5 Prozent Anteil am Bruttosozialprodukt der Union diese an den Abgrund drängen kann? Europa ist ökonomisch sicherlich nicht zwingend auf Estland angewiesen. Aber der Kleinstaat hat seine Chance verdient. Im Gegensatz zu anderen Euro-Ländern, die 2009 zweistellige Staatsdefizite einfuhren, blieb es dank eines radikalen Sparkurses mit 1,7 Prozent des BIP weit unter der Drei-Prozent-Grenze der EU. Deutschland nicht.
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