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WAZ: Folgen eines absurden Krieges - Kommentar von Stefan Scholl
Essen (ots)
Das Blutbad über dem Donbass vor einem Jahr war absurder Höhepunkte eines "hybriden" oder schlicht eines "halben Krieges": Russland schickt Berufsmilitärs ins Nachbarland, um dort ukrainische Soldaten zu töten, gleichzeitig feilscht es mit den Ukrainern über Gaspreise und importiert ukrainisches Bier. Zwischen Moskau und Kiew verkehren auch weiterhin Züge - und Passagierflugzeuge.
Russlands Präsident Wladimir Putin und sein Team haben sich eine neue Art der Kriegsführung ausgedacht. Sie verstecken ihre Panzertruppen hinter prorussischen Rebellenkriegern, die das Moskauer Staatsfernsehen gegen die "faschistische Kiewer Junta" aufgehetzt hat. Jenseits der ukrainischen Front, in Charkow, Odessa oder Lemberg, gehen Bomben hoch, Kremlpolitologen prophezeien blutiges Chaos in Kiew, das russische Außenministerium aber klagt, die Ukraine boykottiere den Minsker Friedensprozess.
Erstaunlicherweise hat die Ukraine, ebenso wie der Westen, viele Spielregeln dieses absurden Krieges akzeptiert. Es ist vor allem wirtschaftliche Not, die Kiew weiter mit dem Aggressor verkehren lässt. Doch auch die Ukrainer können zynisch sein: Gut möglich, dass ihre Kampfjets feindliche Panzer aus dem Radarschatten der Boeing 777 angreifen wollten...
In Europa aber fürchten Politiker den endgültigen Bruch mit der Atommacht Russland. Viele hielten ihre Empörung über die russische Streitmacht im Donbass anfangs niedrig, verkleinerten sie zur Kleinstadtguerilla, unterschätzten die Reichweite ihrer Geschosse. Warum ein Flugverbot über eine Region verhängen, wenn doch nur Bergarbeiter mit Schulterraketen auf ukrainische Sturzkampfbomber ballern?
Das Massaker in 10.100 Meter Höhe vor einem Jahr hat auch eine Wolkendecke aus Verharmlosung zerrissen. Fragt sich nur wie endgültig. Nach den Regeln des "halben Krieges" ist es besser, statt russischer Berufssoldaten besagte Bergarbeiter als Mordschützen zu verdächtigen. Denn es wird leichter sein, irgendwann einen Rebellenboss vor Gericht zu stellen als Putin.
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