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WAZ: Italiener übernehmen die Hypovereinsbank: Die armen Banken - Leitartikel von Jürgen Frech
Essen (ots)
Aus einer Notlage heraus mag der Verkauf der Hypovereinsbank nach Italien eine gute Lösung sein. Für Deutschland insgesamt ist es jedoch ein Alarmsignal. Für die kranke Bankenszene ohnehin. Natürlich ist es kein Untergang, wenn man seine Eigenständigkeit verliert. Im Zeitalter der sich weiter öffnenden Grenzen sollte es auch nicht sofort ein Problem sein, wenn der neue Herr im Haus aus dem Ausland kommt. Festzuhalten bleibt aber, dass es selbst die zweitgrößte deutsche Bank nicht geschafft hat, sich allein zu behaupten, ja, dass sie sich sogar den Italienern regelrecht angeboten hat. Das ist, abseits aller Toleranz und Weltoffenheit, wahrlich kein Ruhmesblatt. Erneut fallen fast 2000 Arbeitsplätze weg. Die harte Gangart wird schneller, härter und offener eingelegt als einige angenommen haben. Ob man es mag oder nicht: Die Banken sind ein Herzstück jeder entwickelten Volkswirtschaft. Wenn es ihnen nicht gut geht, kranken immer auch andere. Vielleicht ist es auch umgekehrt, vielleicht hat die allgemeine Konjunkturkrise ihrerseits zum schwachen Erscheinungsbild der deutschen Banken geführt. Die Frage, ob die Henne oder das Ei zuerst da war, ist aber müßig. Was wird aus der Commerzbank, was aus der Deutschen Bank? Im Fall beider Institute gibt es im Ausland mehrere namhafte Adressen, die eine Übernahme zumindest finanziell leicht stemmen könnten. Hat der Ausverkauf der deutschen Großbanken mit der HVB jetzt begonnen? Scheu vor dem Ausland ist die eine Sache. Deutsche Lösungen sind jedoch ebenso schmerzhaft. Ein Zusammengehen der Deutschen und der Commerzbank beispielsweise würde einen Stellenabbau nach sich ziehen, der zuweilen als Blutbad bezeichnet wird. Ähnliches hätte gedroht, wenn sich die HVB, nur um Deutsch zu bleiben, mit der Commerzbank oder Dresdner Bank zusammengetan hätte. Im Volksmund gelten die Banken als mächtig. Bei näherem Hinsehen sind etliche von ihnen reichlich schwach.
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