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WAZ: Schnell vor den Untersuchungsausschuss - Kommentar von Hendrik Groth

Essen (ots)

Es wurde auf allen Ebenen und Kanälen gelogen, dass
sich die Balken bogen. Seine Rede vor dem UN-Sicherheitsrat im
Februar 2003 sei der „Schandfleck” in seiner politischen Karriere,
bedauert im Rückblick der frühere US-Außenminister Colin Powell.
Damals hatte Powell mit Bild- und Kartenmaterial versucht zu
beweisen, dass der Irak Saddam Husseins über Massenvernichtungswaffen
verfüge. Auf diese Weise sollte der Welt der vordergründige
Kriegsgrund geliefert werden.
Auch die britische Regierung verdrehte Fakten und führte die
eigene Bevölkerung in die Irre. Deutschland hingegen wähnte sich vom
Friedenskanzler Gerhard Schröder regiert, der 2002 mit seinem
energischen und überzeugend wirkenden Nein zum drohenden Irak-Krieg
Rot-Grün den Machterhalt gesichert hatte. Die übergroße Mehrheit der
Deutschen fühlte sich von Schröder und Joschka Fischer in der
Kriegsfrage Irak hervorragend vertreten. Moral schien über Zynismus
zu siegen.
Erste Glaubwürdigkeitsprobleme für die alte Regierung wurden laut,
als die CIA-Flugaffäre publik wurde. Auch die Verschleppung eines
Deutschen durch den US-Geheimdienst nach Afghanistan ließ Fragen
offen.
Doch wenn die aktuellen Berichte zutreffen sollten, dass
Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Bagdad den
Amerikanern bei der Identifizierung von Bombenzielen aktiv geholfen
haben, dann geht es definitiv ans Eingemachte. Denn dann hat es eine
tatsächliche Teilnahme der Bundesrepublik am Golfkrieg gegeben, da
man annehmen kann, dass auch die höchsten deutschen Geheimdienstleute
es nicht wagen, eigenmächtig gegen die Interessen der jeweiligen
Bundesregierung zu arbeiten.
Der Verdacht steht also im Raum, dass sie mit dem damaligen
Geheimdienst-Koordinator und heutigen Bundesaußenminister Frank-
Walter Steinmeier beraten und entschieden haben. Steinmeier ist
deshalb in der eindeutigen Pflicht, die Vorwürfe aufzuklären. Es geht
nicht nur um Grauzonen im Geschäft der Geheimdienste. Es geht nicht
nur um Steinmeiers Ansehen und sein Amt, es geht um das Ansehen von
Alt-Bundeskanzler Schröder und um die von ihm verantwortete Politik.
Letztlich geht es sogar um mehr. Es geht um das grundsätzliche
Vertrauen der Bürger in ihren Staat.
Für die Opposition sind die brisanten Berichte ein
Himmelsgeschenk, Guido Westerwelle freut sich bereits über die
rotgrüne „Lebenslüge”. Bevor man jedoch auf jeden fahrenden Zug
aufspringt, könnte man sich allerdings auch fragen, warum die USA
derzeit gezielt Hinweise streuen, die verschiedene aktive oder
frühere Akteure der deutschen Politik kompromittieren. Steinmeier
sollte deshalb am besten möglichst schnell vor einem
Untersuchungsausschuss zu den Anschuldigungen Stellung nehmen. Es
steht viel auf dem Spiel.

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