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WAZ: Der Führungswechsel Eine neue Hoffnung - Kommentar von Rolf Potthoff
Essen (ots)
Am Montagabend ist wieder ein Stück sozialdemokratischer Hoffnung zerbrochen. Schon die Wahl Dieckmanns war Verlegenheit, war Ausdruck von Irritation und verlorener Linie. Sein Scheitern war im Grunde konsequent - die NRW-SPD wirkt noch immer wie der Schatten ihrer selbst.
Dieckmann ist ein eifriger, doch kein inspirierender Mann. Keiner mit Fortune, traditionellen Geist mit nötigen Reformen und modernen Leitzielen zu verbinden. Keiner, den "sozialdemokratische Aura" umgibt. Jene Kraft, die einst Garant für Wahlerfolg und Geschlossenheit war. "Sozialdemokratisch" - das war erst recht im wählerstarken Ruhrgebiet Lebensgefühl. Rau war der letzte, der es zu leben und vermitteln verstand.
Eben das ist das Dilemma dieser Partei. Ihr gingen Ideen, Identität, Leitziele verloren. Sie brach ein, als ihre industriellen Hochburgen zerfielen. In Scharen liefen Mitglieder davon, fast jedes zweite seit 1990 in NRW. Der Nimbus, sozial, gerecht und einzig wahrer Anwalt der Schwachen und Unterprivilegierten zu sein, verflüchtigte sich mit Schröders Agenda 2010. Was die SPD stark machte, nämlich Arbeiter-, und Angestelltenschichten, lief bei Wahlen auf und davon oder tendierte - je nach Ambitionen - zur Linkspartei, gar zur Union.
Wenig glücklich verlief der Versuch, das Profil zu erneuern. Der Ansatz, eine Zukunft in der "neuen Mitte", der Bildungsbürger, Akademiker, aufsteigenden Mittelschichtler zu suchen, war richtig. Doch in falschem Übereifer, neue Wähler zu erschließen, vergaß die SPD ihre traditionelle Klientel. Das verzieh diese der SPD bisher nicht. Aber wo, wenn nicht im strukturwandelnden NRW hätte die SPD ein günstigeres Feld für den eigenen Wandel - parallel zum gesellschaftlichen Umbruch - vorfinden können? Die Chance wurde verpasst.
Dass Hannelore Kraft der Partei Frische verleiht, mag sein. Doch schon ist sie dabei, sich in alten Denkweisen zu verfangen. Nur zwei Beispiele: Die Schulpolitik mit Ideologie befrachten zu wollen, passt nicht zur Lebenswirklichkeit. Und in der Energiepolitik wird die SPD das Beharren auf einem Sockelbergbau in die missliche Lage versetzen, die Position korrigieren zu müssen - weil sie sonst den Börsengang der RAG gefährdet, was Zukunft und Jobs kosten kann.
Ob Kraft als wahrscheinliche Rüttgers-Herausforderin früh zerrieben wird, wird sich zeigen. Auch, ob sie das Format hat, der alten NRW-SPD ein zeitgemäßes Profil zu geben. Gelingt dies nicht, wird die Niederlage von 2005 nicht die letzte sein.
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