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WAZ: Dieter Bohlens Sprüche: Tief unter der Gürtellinie - Leitartikel von Michael Stenger

Essen (ots)

Wer Dieter Bohlen anprangert, muss auch das
Fernsehen an den Pranger stellen. Die Macher, die "Deutschland sucht 
den Superstar" als Geschäftsidee entwickelt haben, wissen, dass sie 
den Geschmack eines keineswegs kleinen Publikums treffen. Wir sind 
nicht nur ein Land der Denker und Dichter, sondern auch ein Land, in 
dem Unterhaltung mittlerweile aus der
 untersten Schublade gezogen wird.
Was uns Tag für Tag - und gerade am Nachmittag, der natürlich von
Kindern genutzt wird - vor allem die Privaten präsentieren, ist in 
Monotonie und Anspruch kaum zu unterbieten. Da gibt es Gerichtsshows,
bei denen in gestellten Szenen Sex, Gewalt und Fäkalsprache ins Wohn-
oder Kinderzimmer springen. Die Talks, die zum größten Teil nur 
wirkliches Leben vorspiegeln, begeben sich gerne unter die 
Gürtellinie und in sexuelle Randzonen: Hilfe, mein Vater ist meine 
Mutter - oder so ähnlich. Das alles zur besten Sendezeit. Da freut 
man sich schon über die Zoo-Dokus, die
 irgendwie erbaulich sind.
Dieter Bohlen spielt wirkliches Leben nicht vor. Er ist als 
Boulevardkönig ein Meister der verbalen Entgleisung - und vermutlich 
noch stolz darauf. Er putzt Jugendliche mit seinen Sprüchen runter - 
und trifft eine ganz empfindliche Stelle der Heranwachsenden. Er 
liebt sexistische Kommentare - und hat viele Lacher auf seiner Seite.
Die da mit ihm urteilen, sind milder, denn schlimmer geht's nimmer. 
Aber sind sie deshalb besser? Die Jugendschützer, die auch auf das 
unterste Sprachniveau Dieter Bohlens verweisen, sind im Recht.
Aber ganz so einfach ist die Sache natürlich nicht. Wenn nämlich 
alle Welt diesen Bohlen als Sprücheklopfer abtut und abschalten 
würde, hätte die Sendung keinen Zuspruch. Bohlen und seine Welt sind 
immer wieder gut für Aufschlagseiten im Boulevarddschungel. Was macht
er wieder, unser Macho? Da ist dann so ein süffisantes Lächeln. Ja, 
der Bohlen - noch ein Kavaliersdelikt. Hoppla, der schlimme Kerl. Wie
da über und mit Frauen geredet wird, hätte früher mal Feministinnen 
zum mehr oder weniger edlen Wettstreit inspiriert. "Du bist doch ein 
hübsches Mädchen, du kannst doch auch was anderes machen." Das sagt 
Dieter Bohlen und noch viel Ärgeres.
Bohlen lebt von der Schadenfreude und vom Voyeurismus seiner 
Zuschauer. Man kann es als scheinheilig betrachten, ihn zu 
kritisieren. Man muss ihn erkennen als Teil eines Niveauverfalls, der
kaum aufzuhalten ist. Bücher statt Fernsehen - das ist ein Traum, der
wohl ausgeträumt ist.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Thomas Kloß
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de

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