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WAZ: Der Fall Mitja wühlt auf: Verbrechen an den Kindern - Leitartikel von Lutz Heuken

Essen (ots)

Als vor Jahren ähnlich schreckliche Fälle wie der
des missbrauchten und getöteten Mitja das Land erschütterten, sprach 
der damalige Bundeskanzler Schröder das aus, was viele Menschen 
dachten. Kinderschänder solle man "wegschließen - und zwar für 
immer".
Hat Schröder nicht Recht? Natürlich darf der Mörder des kleinen 
Mitja nie wieder auf freien Fuß kommen. Uwe Kolbig, der mutmaßliche 
Täter, ist wegen Kindesmissbrauchs fünffach vorbestraft. Wenn er 
gefasst und verurteilt wird, muss der Staat dafür sorgen, dass Uwe 
Kolbig nie wieder Gelegenheit hat, ein Kind zu quälen. Dabei geht es 
nicht um Rache; es geht um den verständlichen Wunsch der Gesellschaft
- der Eltern und der Kinder - vor solchen Tätern geschützt zu werden.
Für immer.
Wie überhaupt konnte es zum Fall Mitja kommen? Warum nur gibt der
Staat einem Sextäter die Chance, ein drittes, viertes, fünftes Mal 
ein Opfer zu quälen?
Es gibt gute Gründe dafür, dass in einem liberalen Staat auch 
mehrfach vorbestrafte Ladendiebe oder Betrüger nach Verbüßung ihrer 
Strafe die Chance erhalten, unbehelligt vom Staat ihr Leben zu 
führen. Aber darf das auch für vielfache Kinderschänder oder 
Vergewaltiger gelten? Muss hier nicht der Schutz künftiger Opfer 
eindeutig Vorrang haben vor dem Wohl der Täter? Müssen Sex-Täter 
nicht nach ihrer Haftentlassung viel länger und enger unter Kontrolle
stehen, wie Sachsens Justizminister Mackenroth fordert. Wie konnte es
passiereren, dass Uwe K. nach all seinen Taten ausgerechnet in einem 
Schulzoo arbeitete?
Bei aller nötigen Härte, die im Umgang mit Sextätern angebracht 
ist: Das Problem des Kindesmissbrauchs ist allein mit den Mitteln des
Strafrechts nicht zu bekämpfen. Denn Fälle wie die des Uwe K. sind 
eher die Ausnahme: nicht fremde Männer, die Kindern irgendwo 
auflauern, stellen die Mehrzahl der Täter. Die meisten der 
furchtbaren Täter stammen aus dem Umfeld der Opfer: Väter, Onkel, 
Cousins, Nachbarn, Sporttrainer. Hier finden die fiesen Berührungen 
statt, die schmierigen Grabschereien, die Vergewaltigungen, die die 
Kinderseelen so unendlich verletzen können.
Zum Glück enden die wenigsten Fälle so wie der Fall Mitja. Die 
meisten Kinder haben die Gelegenheit, sich zu wehren. Um das zu tun, 
brauchen sie mehr Selbstbewusstsein - und Erwachsene, die ihnen 
zuhören und die sie ernstnehmen. Letztendlich ist das viel wirksamer 
als jede harte Abstrafung der Täter. So richtig sie auch ist.

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Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de

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