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WAZ: Was sie eint, was sie trennt: Blair, Clinton, Schröder - Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Tony Blair, Bill Clinton, Gerhard Schröder: Es waren
die ersten, die als Popstars ihre Länder regierten; die öffentliche 
Inszenierung als politisches Instrument etablierten; die Politik als 
Ich AG personalisierten. Alle drei folgten mehr oder weniger 
charismatischen Konservativen, alle drei wollten die Linke nicht 
sozialistisch, sondern als "Dritten Weg". So weit ihre 
Gemeinsamkeiten. Die Unterschiede indes überwiegen.
Clinton war wohl der Erfolgreichste, Blair der Ernsthafteste. 
Verglichen mit dem Engländer war Schröder als Kanzler ein Sponti, bis
in die Inszenierung hinein, für die Blair ganze Planungsstäbe 
beschäftigte. Schröder war deshalb bei Gottschalk, weil der ihn 
einfach angerufen und der Kanzler ebenso spontan zugesagt hatte.
Blair hatte eine Mission. Er wollte partout mit der alten, 
sozialistischen Tradition brechen. Aus Old Labour wurde New Labour. 
Nach hartem Kampf. Blair und seine intellektuellen Mitstreiter Peter 
Mandelson und Anthony Giddens definierten Gleichheit als Gleichheit 
am Start, nicht am Ende als Ergebnis staatlicher Eingriffe. Für sie 
war Sozialpolitik kein Wert an sich. Vielmehr war ihnen klar, dass 
Sozialleistungen aus wirtschaftlichem Wachstum finanziert werden 
müssten. Anstatt Träumen von einer besseren Welt nachzuhängen, 
wollten sie die Linke mit der Globalisierung versöhnen. Blair wollte 
überzeugen und ließ von seiner Idee auch nicht ab, als die Kritik 
zunahm, auch aus der eigenen Partei. Er war ein Steher, vom ersten 
bis zum letzten Tag.
Schröder hat das gemeinsame Papier mit Blair nie gegen die 
Lafontainisten in der SPD verteidigt. (Als Blair dies gewahr wurde, 
kühlte die Beziehung merklich ab.) Seiner Agenda 2010 fehlte die 
intellektuelle Grundierung, die Idee. Er hat lediglich von seinen 
Staatssekretären zusammentragen lassen, wo man noch sparen könne. Dem
technokratischen Sammelsurium fehlte damit jede Leidenschaft, mit der
man nicht nur ein Volk, sondern auch die eigene Partei mitnehmen 
kann. Die Folgen sind heute noch zu besichtigen: Die SPD weiß zwar, 
woher sie kommt, nicht aber, wohin sie will. Sie mäandert zwischen 
Leistungsträgern und Prekariat durch die politische Landschaft wie 
ein Bach durch die Gräser. Weil sie nichts hat, für das sie kämpfen 
kann, sehnt sie sich nach der altlinken Idylle oder verschlingt halt 
ihre Vorsitzenden.
Blair, der Überzeugungstäter, hat für eine zeitgemäße linke 
Partei gekämpft. Er war damit, trotz Irak-Abenteuers, erfolgreich. 
Schröder lebte den Tag. Und machte vor allem sein Ding. Das macht den
Unterschied.

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