Lovells sieht steigendes Risiko für Unternehmen für den Fall von europaweiten Sammelklagen
Frankfurt am Main (ots)
Die Europäische Kommission hat bekannt gegeben, dass sie die Einführung eines umstrittenen neuen Verfahrens erwägt, das zur EU-weiten Einführung von länderübergreifenden "Massenklagen" durch Verbraucherverbände führen könnte.
Im Rahmen einer offiziellen Stellungnahme stellte Meglena Kuneva, die kürzlich ernannte EU-Kommissarin für Verbraucherangelegenheiten, die neue "Consumer Policy Strategy" der Europäischen Kommission gestern vor. Ziel dieser Initiative ist es, den Binnenmarkt der EU bis zum Jahr 2013 insoweit zu verändern, dass Verbraucher innerhalb der EU-Länder sämtliche Produkte und Dienstleistungen nutzen können, ohne hierbei rechtliche oder qualitative Einbußen in Kauf nehmen zu müssen. Insgesamt umfasst die neue EU Strategie mehr als 20 legislative sowie nicht-legislative Maßnahmen, über deren Umsetzungserfolge jährlich am Europäischen Verbrauchertag (15. März) berichtet werden soll. Weiter sind ein "Halbzeit"-Bericht im Jahr 2011 sowie eine rückblickende Bewertung der Umsetzung der Strategie im Jahr 2015 geplant.
Von besonderem Interesse für die Anbieter von Produkten und Dienstleistungen dürfte es sein, dass die "Consumer Policy Strategy" unter anderem die Einführung eines Instruments zur kollektiven Rechtsdurchsetzung vorsieht. Bereits in Vorab-Erklärungen hatte Meglena Kuneva angegeben, dass sie Maßnahmen erwäge, Verbraucherorganisationen in den Mitgliedsstaaten die europaweite Zusammenlegung von Verbraucherklagen zu ermöglichen. Mit diesem System würden die EU-Institutionen in bisher ungekanntem Ausmaß in die Rechtssysteme der Mitgliedsstaaten eingreifen. Unternehmen, die auf dem europäischen Binnenmarkt Produkte und Dienstleistungen anbieten, wären mit höheren Risiken konfrontiert.
IMPLIKATIONEN
Das Konzept einer gesetzlichen Regelung EU-weiter Sammelklagen ist an sich nicht neu. Als ein mögliches Instrument, Verbraucher dabei zu unterstützen, ihre Rechte bei Kartellrechtsverstößen besser durchzusetzen, wird es seit einiger Zeit von der Europäischen Kommission diskutiert. Einen entsprechenden Vorschlag machte die Kommission 2005 im Green Paper zum Kartellrecht.
Dennoch kommt diese jüngste Ankündigung für viele überraschend. Im letzten Jahr deuteten Vertreter der Kommission auf ihrer Konferenz zum Thema "Effektiver Rechtsschutz" zwar an, dass die Kommmission über Sammelklagen nachdenke. Sie gaben aber zu verstehen, dass es angesichts der tief greifenden Konsequenzen, die die Einführung eines solchen Systems mit sich brächte, noch eine Weile dauern werde, bis für die zahlreichen damit verbundenen Probleme eine Lösung gefunden wäre.
Ungeklärt ist die Zuständigkeit der EU überhaupt, derartige Regelungen auf dem Gebiet des Zivilprozessrechts treffen zu können. Sollte jedoch die Kommission ein System einführen, in dem Ansprüche von Verbrauchern aus mehreren Ländern gegen Hersteller gebündelt werden können - und das scheint der Fall zu sein -, wird dies zu bisher ungekannter internationaler Kooperation im Bereich der Produkthaftung führen.
Auf der Ebene der Mitgliedsstaaten gibt es bereits Präzedenzfälle für Sammelklagen durch Vertreterverbände, so zum Beispiel in Deutschland, Spanien, den Niederlanden und Italien.
Ina Brock, Leiterin der deutschen Produkthaftungspraxisgruppe der internationalen Sozietät Lovells, schätzt die Situation wie folgt ein: "Aus Sicht der Anbieter von Produkten und Dienstleistungen besteht ein erheblicher Unterschied zwischen den auf einzelne Mitgliedsstaaten begrenzten Systemen und den vorgeschlagenen EU-weiten Maßnahmen. Die Aussicht auf ein von der EU getragenes Verfahren, mit dem Ansprüche aus verschiedenen Ländern gebündelt gegen Hersteller und Anbieter eingeklagt werden können, berechtigt die Befürchtung, dass das Risiko dieser Unternehmen verklagt zu werden, steigen wird."
Für weitere Informationen:
Dr. Christian Seidenabel PR Manager Germany Lovells Untermainanlage 1 D-60329 Frankfurt am Main Email: christian.seidenabel@lovells.com Tel.: +49 (0) 69 962 36- 636 Fax: +49 (0) 69 962 36-100 Mobil: +49 (0) 175 93 19 283
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