Neue OZ: Kommentar zu Geschichte
Vertriebene
Koalition
Osnabrück (ots)
Das falsche Datum
Ist es richtig, der Vertreibung aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten einen eigenen nationalen Gedenktag zu widmen? Und das am 5. August, jenem Tag, an dem 1950 die "Charta der deutschen Heimatvertriebenen" verkündet wurde? Darüber lohnt es zu streiten. Denn die Charta ist keineswegs so unumstritten, wie in vielen Feierstunden immer wieder der Anschein erweckt wird.
"Wir Heimatvertriebene verzichten auf Rache und Vergeltung", hatten die Landsmannschaften damals gelobt. Befürworter des Gedenktags sprechen von einem Meilenstein auf dem Weg zur Aussöhnung. Man kann darin zudem einen Akt der Selbstüberwindung der Vertreibungsopfer sehen - eine angemessene moralische und historische Einschätzung ist die Charta aber nicht: schon allein deshalb, weil sie einseitig blieb und das eigene "unendliche Leiden" übermäßig betonte.
Kein Wort verloren die Unterzeichner dagegen über das von Deutschen verübte unendliche Leid, das der Vertreibung vorausging - über Kriegstote, Konzentrationslager und massenhafte bestialische Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Überdies klingt aus heutiger Sicht der feierliche Verzicht auf "Rache und Vergeltung" fast schon zynisch, so als hätte es ein Recht gegeben, Unrecht mit Unrecht zu begleichen. Der 5. August taugt deshalb nicht als Gedenktag. Wenn der Vielzahl solcher Tage unbedingt ein weiterer hinzugefügt werden soll, dann besser an einem anderen Datum.
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