Neue OZ: Kommentar zu Archäologie
Wracks
Koggen
Osnabrück (ots)
Volle Breitseite
Noch im April kreuzte sie als Musterschiff der Hanse durch eine Terra-X-Sendung im Fernsehen - dabei gab es lange schon Indizien, dass etwas nicht stimmt mit der Poeler Kogge und ihrem Nachbau. Und zwar etwas Entscheidendes: Sie ist gar kein Schiff des nordischen Städtebundes.
Ein für das 14. Jahrhundert ungewöhnliches, mehr als doppelt so großes Ladevolumen? Ein sensationeller Fortschritt im Schiffbau des Ostseeraums, redeten sich Experten den Widerspruch schön. Ein Zinnlöffel, der nachweislich deutlich später gefertigt wurde? Nicht original aus dem Wrack, sondern im Laufe der Zeit dorthin gespült, lautete die Erklärung.
Nun ist man in der Archäologie vor Überraschungen nicht immer gefeit. Es gibt Fehler, neue Techniken und Uneinigkeiten in der Interpretation von Funden. Genau deshalb aber ist es in der Altertumsforschung Brauch, mit definitiven Aussagen vorsichtig zu sein.
In Wismar nahm man es damit nicht so genau - wie auch in anderen Fällen, in denen abenteuerlich hergeleitete "Steinzeit-Dildos", "Lusthöhlen" oder auch berühmte historische Schauplätze als Tatsachen präsentiert werden - wohl auch mit dem Hintergedanken, durch die geweckte Aufmerksamkeit den Zugang zu Forschungsgeldern zu erleichtern. Kommunen und Körperschaften spielen oft und gerne mit, sind spektakuläre Funde doch erprobtermaßen beste Image- und Tourismuswerbung. Für Wismar und seine Kogge gab es diesmal eine volle Breitseite nahe der Wasserlinie.
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