Neue OZ: Kommentar zu Kriminalität
Tötung
Kind
Osnabrück (ots)
Unschuldsvermutung geopfert
Was in Emden passiert ist, macht fassungslos. Der Mord an einem Mädchen ist hoch emotional. Dass sich deswegen aber ein Mob vor einer Polizeistation zusammenrottet und einen Tatverdächtigen lynchen will, lässt nicht nur Zweifel am gesunden Menschenverstand dieser Mitbürger aufkommen. Es stellt sich auch die Frage, was in unserer Gesellschaft falsch läuft.
Das Verbrechen von Emden zeigt Fehlentwicklungen der letzten Jahre auf. Zum einen wären da Medien, die immer mehr immer schneller berichten wollen. Bei der gierigen Hatz auf Neuigkeiten werden Opfer- und Täterschutz missachtet. Unschuldige Personen wurden im Emder Fall des Mordes bezichtigt. Nicht zuletzt weil sie dadurch unter Druck gesetzt werden, gehen Ermittlungsbehörden immer früher an die Öffentlichkeit, wohl wissend, dass die Präsentation eines Tatverdächtigen gleichbedeutend mit dessen Vorverurteilung ist. Damit beschleunigen sie selbst den Verfall eines Grundrechts in unserem Rechtsstaat: der Unschuldsvermutung.
Sie wurde auch im Emder Fall durch eine zu früh einberufene Pressekonferenz der Sensationslust geopfert. Schluss damit! Laufende Ermittlungen sind nicht zwangsläufig Gegenstand öffentlichen Interesses. So schwer es fällt: Das ist im Sinne eines funktionierenden Rechtsstaates. Dass Leben und Psyche eines Jungen aufs Spiel gesetzt wurden, sollte Warnung genug sein.
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