Neue OZ: Kommentar zu Bret Easton Ellis
Osnabrück (ots)
Totalausfall im Tweed
Grenzüberschreitungen gehören zum Handwerk von Bret Easton Ellis. Berühmt wurde er 1985, als er in dem Roman "Unter Null" eine Jugend zwischen Drogen, Sex und Verbrechen schilderte. In Deutschland hat er es sogar zu einem Literaturskandal gebracht: Von 1995 bis 2001 stand sein Roman "American Psycho" auf dem Index. Ein verblüffender Akt der Zensur, gegen den Ellis' deutscher Verlag erfolgreich geklagt hat.
Im 500-Seiten-Opus kann der Autor literarische Gewalt sinnvollen Erzählabsichten unterordnen. Im 100-Zeichen-Tweed versagt er: Via Twitter beschwert er sich jetzt darüber, dass ein realer Mord mit den erfundenen Verbrechen seines "Psychos" verglichen wird. Nicht, weil ihn die Nähe zum Grauen empört, sondern weil ihn der wirkliche Mord ästhetisch nicht überzeugt. Ein intellektueller Totalausfall: Wenn Bret Easton Ellis zum echten Toten nur belanglose Blödeleien einfallen, begeht er denselben Fehler wie damals die Prüfstelle für jugendgefährdende Schriften: Er ignoriert den Unterschied zwischen Fakt und Fiktion. Für den Profi der medialen Gewalt ist das ein echtes Armutszeugnis.
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