Neue OZ: Kommentar zu Bulgarien
Regierung
Osnabrück (ots)
Europas Sumpf des Elends
In der Geschichte hat der Brotpreis so manches Mal als Auslöser für Revolten gedient. Derzeit nimmt der Strompreis in Bulgarien diesen Platz ein. Und so wie einst bei der Brotverteuerung ist die Empörung über zu hohe Kosten für Energie nur oberflächlich der Grund für die gewalttätigen Proteste im Armenhaus der Europäischen Union. Die Bulgaren sind verzweifelt, weil ihnen wegen steigender Lebenshaltungskosten fast nichts zum Leben bleibt. Ein Durchschnittseinkommen von 350 Euro im Monat ist wahrlich beschämend wenig.
Ohne Zweifel ist die nun zurückgetretene Regierung mit ihrer Sparpolitik eine völlig EU-konforme Linie gefahren. Das entlarvt symbolhaft, wie schwer sich fiskalpolitische Vorgaben und die unbedingt erforderliche Verbesserung der Lebensstandards in manchen osteuropäischen Staaten vereinbaren lassen, die dem westeuropäischen Niveau weit hinterherhinken. Denn während Bulgarien brav die Maastricht-Kriterien erfüllt, fehlen die so dringend notwendigen Investitionen in Wirtschaft, Soziales und Infrastruktur. Das Land bleibt das ärmste Mitglied der EU. Seine Bewohner verarmen zunehmend, Arbeitskräfte wandern ab.
Dieses Dilemma muss Brüssel zu denken geben. Es genügt nicht, dass die EU in Bulgarien Korruptionsbekämpfung, Justizreformen und Rechtsstaatlichkeit anmahnt. Die Probleme dort sitzen viel tiefer. Aus einem Sumpf des Elends kann kein Musterstaat erwachsen.
Franziska Holthaus
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