Neue OZ: Kommentar zu Luxemburg
Regierung
Osnabrück (ots)
Angeschlagen
Gefühlte tausendmal hat man ihn glänzenden Staatskarossen entsteigen sehen, immer wieder stand er im Zentrum der europäischen Politik: Jean-Claude Juncker hat sich ohne jeden Zweifel um Europa verdient gemacht. Dutzende von Auszeichnungen belegen dies, darunter der renommierte Karlspreis der Stadt Aachen. Und doch ist auch "Mister Euro" nicht ohne Fehl und Tadel.
So viel steht fest: In der Affäre um illegale Abhöraktionen in Luxemburg hat Juncker die Zügel viel zu lange schleifen lassen. Der Geheimdienst konnte ungestört ein Eigenleben entwickeln und belauschte selbst den Regierungschef, ohne dass dies über Jahre hinweg Folgen hatte. Es ist tief enttäuschend, dass ausgerechnet ein so scharfsinniger Politiker wie Juncker die Brisanz dieser Vorgänge nicht erkannt hat.
Sein bislang fast makelloses Image ist jetzt zwar angekratzt. Um seine politische Zukunft muss Juncker aber wohl nicht allzu sehr bangen. Nachdem er Fehler eingeräumt hat, bietet er Kritikern deutlich weniger Angriffsflächen. Hinzu kommen seine Verdienste um Europa und sein internationaler Ruf, die es ebenfalls nahelegen, ihm weiter eine Chance zu geben.
Eines freilich sollte Juncker beherzigen: Er muss sich künftig stärker in die Niederungen luxemburgischer Politik begeben, sosehr die große Bühne ihn auch reizt. Nur noch kurz den Euro retten - das war und ist keine Entschuldigung für die Vernachlässigung von Hausaufgaben.
Uwe Westdörp
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