Neue OZ: Kommentar zu Bahn
Osnabrück (ots)
Wer soll das verstehen?
Viele dauergenervte Bahnreisende werden sich angesichts des EuGH-Urteils die Hände reiben: Nun also können sie sich auf europäisches Recht berufen, wenn sie nach einer gravierenden Verspätung ihres Zugs auf Entschädigung pochen - und zwar auch in solchen Fällen, in denen der Bahn keine Verursacherrolle zuzuschreiben ist. Wenn also Bäume im Sturm auf die Gleise stürzen oder diese bei sintflutartigen Regenfällen unterspült werden, wenn Lokomotivführer oder Schaffner von ihrem Streikrecht Gebrauch machen - für die Bahn kann es künftig noch teurer werden als bisher. Der einstige und vielfach verspottete Werbeslogan "Alle reden vom Wetter - wir nicht" hat damit endgültig ausgedient.
Das mag man als Bahnkunde begrüßen - verstehen muss man es nicht. Denn de facto schieben die Luxemburger Richter den Bahnunternehmen eine Verantwortung fürs Wetter zu. Haben Petrus und der Klimawandel etwa ausgedient?
Noch sonderbarer ist es jedoch, dass ein Vergleich mit den Rechten von Bus-, Schiffs- und Flugpassagieren nicht angebracht sein soll. Wer soll verstehen, dass ein Bahnunternehmen zahlen muss, wenn sich der Zug im Unwetter verspätet, während eine Fluggesellschaft nicht zur Kasse gebeten wird, nachdem ihr Flieger mit großer Verspätung abgehoben hat? Verbraucherschutz ist wichtig und gut, aber er sollte vernünftig und nachvollziehbar sein.
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