Neue OZ: Kommentar zu Schausteller
Osnabrück (ots)
Glühwein statt Looping
Seit Jahren überbieten Schausteller einander mit immer spektakuläreren, ausgefeilteren Fahrgeschäften. Technisch mag diese Entwicklung weitergehen, mögen Ingenieure und Designer immer neue Superlative des Nervenkitzels ersinnen. Doch werden sich die Menschen in den kommenden Jahren davon noch begeistern lassen? Die Volksfestflaute, die der Schaustellerverband beklagt, deutet auf einen entgegengesetzten Trend hin. Deshalb fällt es der Branche, es sind zumeist Familienbetriebe, zunehmend schwer, Investitionskosten von zwölf Millionen Euro für einen Fünfer-Looping wieder hereinzuholen. Fahrkarten für noch so wilde Achterbahnen und fliegende Teppiche lassen sich nicht unendlich verteuern.
Einst waren Jahrmärkte Höhepunkte des öffentlichen Lebens. Inzwischen ist ihnen durch vielfältige Freizeitangebote in der realen und der digitalen Welt starke Konkurrenz erwachsen. Dazu kommt: Die klassische Kirmes zieht nicht alle Teile der Gesellschaft an, bietet nicht die bierselige, aber fast alle Schichten einbeziehende Geselligkeit eines Oktoberfestes. Und schon gar nicht die heimelige Gemütlichkeit eines Weihnachtsmarktes. Besonders dessen Popularität ist ungebrochen. Weihnachtsmärkte bringen Menschen zusammen, stiften wohlige, glühweingewärmte Geborgenheit. Ihre Besucher kommunizieren, lernen einander kennen, erweitern ihre realen sozialen Netzwerke. Dazu brauchen sie keinen Looping.
Christian Schaudwet
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