Neue OZ: Kommentar zum Dokumentarfilm "Anderson"
Osnabrück (ots)
Nah dran am Zeitgeschehen
Es ist wie ein Gegenstück zu Clooneys glamourösen "Monuments Men": Die Doku "Anderson" behandelt leise und intensiv die Frage nach Schuld und Sühne im Zusammenhang mit DDR und Stasi. Das Thema lässt einen frösteln: Wenn, wie im "Leben der Anderen", ein Stasi-Offizier seiner Pflicht zum Voyeurismus nachgeht, ist das schlimm genug. Wenn sich aber eine zentrale Figur der Gegenöffentlichkeit, und das war die Boheme am Prenzlauer Berg, als Spitzel entpuppt, muss das deprimierend für jeden sein, der an Ideale glaubt. Mit Filmen wie diesen untermauert die Berlinale ihren Anspruch als das große Filmfestival mit politischem Anspruch: Berlin geht auch Themen an, die wehtun. So wird "Anderson" sicher auch nicht der letzte Film sein, der diese dunkle Ecke der deutschen Geschichte so grell ausleuchtet. Und genauso sicher ist die Wunde, die Anderson verursacht hat, nicht die letzte, die im Zuge der Aufarbeitung der DDR-Geschichte geschlagen wird. Die Berlinale reflektiert damit aus ureigener Berliner Perspektive ein Stück deutscher Zeitgeschichte, und untermauert damit ein Alleinstellungsmerkmal: Denn welches Festival war schon räumlich so nah am Zeitgeschehen dran wie die Berlinale? Ein guter Grund mehr, das politische Kino zu pflegen.
Ralf Döring
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