NOZ: Gespräch mit Volker Neuhaus, Literaturwissenschaftler
Osnabrück (ots)
"Der letzte deutsche Weltautor"
Grass-Biograf und -Herausgeber Volker Neuhaus zum Tod des Literaturnobelpreisträgers
Osnabrück. Der Günter-Grass-Herausgeber und -Biograf Volker Neuhaus sieht den verstorbenen Schriftsteller auf einer Stufe mit Johann Wolfgang von Goethe und Thomas Mann. In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstag) sagte der Literaturwissenschaftler, "Günter Grass war der letzte deutsche Weltautor". Neben Goethe und Mann sei er der einzige deutsche Schriftsteller, der "weltweit zur Kenntnis genommen worden sei", sagte Neuhaus. Wie die beiden Autoren habe auch Grass mit dem Roman "Die Blechtrommel" im Alter von Mitte zwanzig seinen Welterfolg geschrieben. "Wie Goethe und Thomas Mann ist auch Grass an diesem Erfolg immer wieder gemessen worden", sagte Neuhaus weiter. Der Germanist war bis 2008 Professor an der Universität Köln. Neuhaus hat eine Biografie über Günter Grass geschrieben und die Werke des Literaturnobelpreisträgers herausgegeben. Die Nachricht von Grass´Tod bezeichnete Neuhaus als "furchtbar". Er sei "sehr, sehr, sehr traurig". Neuhaus weiter: "Die Stimme von Günter Grass wird uns fehlen. Er hat an die Begrenztheit des Menschen erinnert und an die Verantwortlichkeit, die daraus erwächst." Grass habe sich stets gegen den "Machbarkeitswahn" der modernen Welt gestellt. Dieser sei, so Neuhaus weiter, heute in der Medizin und in der Kriegführung überaus sichtbar. Der Wissenschaftler hob Grass´ besonderes Verständnis von Sprache hervor. "Grass hatte ein von Liebe geprägtes Verhältnis zur deutschen Sprache. Er liebte es, mit Worten zu spielen und ihre Nebenbedeutungen herauszuhören", sagte Neuhaus weiter. Er erinnert sich nach seinen Worten besonders gern an die privaten Lesungen von Grass. Der Schriftsteller habe es geliebt, seine im Entstehen begriffenen Werke einem kleinen, privaten Publikum zu präsentieren.
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