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NOZ: Hanser-Verlagschef setzt auf Neugier für Leben mit Brüchen

Osnabrück (ots)

Hanser-Verlagschef setzt auf Neugier für Leben mit Brüchen

Jo Lendle sieht "nationale Einheiten" als überholt an - "Erschreckend, wie offen und unmaskiert Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit stattfinden

Osnabrück. Jo Lendle, Chef des Münchener Hanser-Verlags setzt auf Bücher, die von Migranten und ihrem Leben jenseits der Erwartbarkeit berichten. "Mich elektrisieren Bücher, die Geschichten aus unserer Gegenwart erzählen, für die wir noch keine abgeschlossenen Theorien haben", sagte Lendle im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Er bezieht sich dabei vor allem auf Brüche von Routinen und Kulturen. "Viele hadern damit, die Veränderungen sind aber eine Tatsache. Wir werden keine scheinbaren nationalen Einheiten mehr haben. Das mag ein Heimatminister beschwören, wie er will, aber das bekommen wir nicht mehr zurück, falls es so etwas überhaupt je gab", betont Lendle und kritisiert damit die Migrationspolitik von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU).

Lendle, Mitglied im Verlegerausschuss des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, fordert, konsequent für die Freiheit der Meinung und der Kunst einzutreten. "Uns erschreckt, wie offen und unmaskiert Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit stattfinden." Auch hierzulande bestehe die Gefahr, dass Freiheiten in Frage gestellt werden. "Wer ,Lügenpresse' ruft, weil ihm die Verhältnisse nicht passen, greift die Fundamente unseres Zusammenlebens an. In den USA sieht man gerade deutlich, wie leicht demokratische Standards durch bloße Rhetorik in Frage gestellt werden können. Buch- wie Zeitungsverlagen kommt in solchen Momenten die Aufgabe zu, diese Errungenschaften zu schützen", sagte der Hanser-Chef.

Trotz der Digitalisierung und der abnehmenden Zahl der Buchkäufer in Deutschland sieht Lendle das Buch nicht in Gefahr. "Die Digitalisierung favorisiert Kleinstinformationen und Zuspitzungen. Im Netz bekommt man Rückmeldungen vor allem, wenn man provoziert und ins Extrem geht. Ich schätze ja viele der neuen Kommunikationsformen, aber wir stellen fest, dass die Summe dieser Veränderungen die gesellschaftliche Mitte schwächt. Ein Buch zwingt dazu, komplexer wahrzunehmen und Graubereiche des Lebens zuzulassen", sieht Lendle im Buch auch ein Medium, das geeignet ist, die öffentliche Debatte mit differenzierten Beobachtungen und Argumenten anzureichern.

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