Vorbild Österreich? Debatte über Masken im ÖPNV
Osnabrück (ots)
Vorbild Österreich? Debatte über Masken im ÖPNV
Infektiologe Tenenbaum: Ende der Tragepflicht wäre "vertretbar" - Montgomery: "An Maskenpflicht bis Frühjahr festhalten"
Osnabrück. Nach dem Beschluss zum Ende der ÖPNV-Maskenpflicht in Österreich wird auch in Deutschland über die Maßnahme diskutiert. "Ein Ende der Maskenpflicht in Bussen, Bahnen oder Flugzeugen wäre durchaus vertretbar. Jeder kann sich impfen lassen und damit vor schweren Verläufen gut schützen, und wir haben sinkende Fallzahlen", sagte Tobias Tenenbaum, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).
"Aus infektiologischer Sicht spräche nicht viel dagegen, auch wenn ein Ansteckungsrisiko in engen und geschlossenen Räumen natürlich nicht ganz auszuschließen ist", sagte der Professor und Chefarzt einer Berliner Kinderklinik. "In vielen europäischen Ländern ist längst Schluss mit den Masken, auch in Flugzeugen. Deutschland ist nach wie vor extrem vorsichtig. Dabei hilft das gerade wenig, um einer möglichen neuen schweren Welle im Herbst vorzubeugen."
Weltärztechef Frank Ulrich Montgomery hält die Maskenpflicht in Bussen und Zügen hingegen weiterhin für "eine sehr niederschwellige, aber absolut sinnvolle Maßnahme". Es gehe nicht in erster Linie um den Selbstschutz, sondern den Schutz der vulnerablen Personen mit Vorerkrankungen und der Ungeimpften, sagte Montgomery der "NOZ". Wo die Ansteckungsgefahr weiter hoch sei, und dazu zählten volle Busse, Bahnen und Flugzeuge, "dort sollte an der Tragepflicht festgehalten werden, und das bitte bundesweit und so lange, bis wir endgültige Corona-Entwarnung geben können, also frühestens wohl zum kommenden Frühjahr."
In den Niederlanden war die Maskenpflicht im ÖPNV schon Ende März ausgelaufen, in Belgien am vergangenen Montag, in Österreich müssen im Nahverkehr ab dem 1. Juni keine Masken mehr getragen werden. In Deutschland ist die ÖPNV-Maskenpflicht Ländersache. Noch hat keine Landesregierung ein Ende beschlossen.
"Den Bundesbürgern fällt es zunehmend schwer, die Sinnhaftigkeit von bestimmten Corona-Maßnahmen zu erkennen, wenn international immer weniger Maßnahmen wie das Maskentragen verpflichtend sind", sagte DGPI-Chef Tenenbaum der "NOZ". Da sie die Übertragung des Virus effektiv verhindern könnten, sei eine "politische Güterabwägung" notwendig.
"Die Kerngesunden und dreimal Geimpften benötigen das nicht, aber es gibt noch zehn Millionen Menschen ohne ausreichenden Schutz", betonte Montgomery. Niemand wisse, wie sich die Infektionslage entwickele. "In vielen Teilen der Erde beginnt gerade der Winter, und es ist keinesfalls ausgeschlossen, dass schon bald neue Varianten auch nach Deutschland eingetragen werden", sagte er.
Sein Fazit: "Um die Maskenpflicht wird ein lächerliches Bohei gemacht. Das ist wahrlich kein Eingriff in die Grundrechte, sondern wir alle haben uns längst daran gewöhnt."
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