Westfalenpost: Politische Dimensionen
Hagen (ots)
Italien nach dem Tod eines Fußball-Fans Von Thorsten Keim "Nationaler Notstand", "halluzinierter Krieg", Sonntags-Terrorismus", Schlagzeilen italienischer Medien, nachdem ein Verkehrspolizist einen 28-jährigen Fußball-Fan von Lazio Rom erschossen hat. Die brutalen Ausschreitungen danach haben in Italien längst eine politische Dimension erreicht. Die Gewaltausbrüche sind Ausdruck einer bedenklichen gesellschaftlichen Entwicklung, die in Italien kaum jemand wahrhaben will: dem wiedererstarkten Rechtsextremismus. Fußball ist zudem ein wichtiger Bestandteil des italienischen Gesellschaftslebens. Und so dient er auch als Instrument für politische Karrieren. Silvio Berlusconis Aufstieg zum Ministerpräsidenten wäre ohne die strahlenden Erfolge seines AC Mailand undenkbar gewesen. Nachfolger Romano Prodi ist zwar kein Präsident eines großen Fußball-Klubs, allerdings bedient er sich offenbar der gleichen Mechanismen wie sein Vorgänger. Um seine Regierung zu retten, bürdete er sich und ihr eine Affäre auf, die stark an Berlusconis fragwürdigen Umgang mit Recht und Gesetz erinnert. Einen Staatsanwalt abzuberufen, weil er gegen einen selbst ermittelt, das riecht nicht nur schlecht. Das stinkt. Prodis Koalition wird in diesen Tagen ohnehin eine kurze Lebensdauer prophezeit. Auf den Straßen protestierten gestern wieder Hunderttausende gegen deren Haushaltspolitik. Denkbar, dass sie über den Tod des Lazio-Fans nun endgültig stolpern wird.
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