Westfalenpost: Kommentar zu Familie/ Frauen/ Gesundheit/ Kassen knausern bei Mütter-Kind-Kuren/Mütter ohne Macht /Von Joachim Karpa
Hagen (ots)
In Sonntagsreden spielen Mütter eine überragende Rolle. Ihre Leistungsfähigkeit, ihre Tüchtigkeit, ihre Energie und ihre Herzenswärme - das öffentliche Loblied kennt kein Ende. Vielstimmig und stimmgewaltig erklingt es. Anders hört sich die Melodie im richtigen Leben an. Mütter haben keine Lobby. Ausgebrannt, krank und am Ende ihrer Kräfte, macht sich kaum jemand für sie stark. Sie haben zu funktionieren - wehe nicht, dann gibt es Druck. Schwächeln ist nicht erlaubt. Das sehen die Krankenkassen offensichtlich genauso. Sie lehnen Anträge auf Mutter-Kind-Kuren im großen Stil ab. Willkürlich, beliebig, nicht selten gar per se. Einfach so. Nur wer es versteht und die Kraft und den langen Atem hat, es mit der Bürokratie der Krankenkassen aufzunehmen, hat eine Chance, die Kur bewilligt zu bekommen. Vielleicht. Warum die Praxis so ist? Der Wettbewerb der Kassen wächst. Der Zusatzbeitrag für Mitglieder soll aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit offensichtlich um jeden Preis vermieden werden. Allein das gute Geschäftsjahr zählt. Der seit 2007 gesetzlich verbriefte Anspruch auf eine Kur lässt die Kassen kalt. Sie knausern, bestimmen die Regeln und bezahlen den Medizinischen Dienst, der bei einem Widerspruch Gutachten im Sinne der Kassen liefert. Eine durchaus gängige Praxis im bundesdeutschen Gesundheitsalltag. Seit gut fünf Wochen sollen neue Begutachtungsrichtlinien für mehr Klarheit bei Mutter-Kind-Maßnahmen sorgen. Für erste Ergebnisse ist es zu früh, aber Mütter sind aufgefordert, sich nicht vom ersten Ablehnungsbescheid einschüchtern zu lassen. Nur Mut. Am Geld liegt es nicht. Mutter-Kind-Kuren machen im Jahr 0,16 Prozent aller Ausgaben im Gesundheitswesen aus. Eine Zahl, die alles sagt - auch über die Sonntagsreden.
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