Westfalenpost: Ankara gießt Öl ins Feuer
Kommentar von Christian Kerl zur türkischen Offensive in Syrien
Hagen (ots)
Wieder ist eine Hoffnung im Nahen Osten geplatzt: Der Krieg in Syrien wird nicht so schnell enden, auch wenn eine breite Allianz den so genannten Islamischen Staat zurückgedrängt hat. Die Anti-IS-Koalition zerbricht, nun droht eine neue Phase des langen Kampfes, in der Fakten geschaffen werden sollen für eine Nachkriegsordnung. Darum geht es jetzt der Türkei, die mit ihrer Offensive die Kurden in Nordsyrien vertreiben will: Ankara gießt Öl ins Feuer und riskiert eine Eskalation, in die auch Deutschland und die Nato-Partner hineingezogen würden - wenn sie Präsident Erdogan nicht vorher die Rote Karte zeigen. Die Zurückhaltung, mit der Berlin und Brüssel auf den Feldzug reagiert haben, ist fehl am Platz: Die türkische Offensive ist völkerrechtswidrig, sie erschwert eine Friedenslösung in Syrien - und sie untergräbt das Vertrauen in die Rüstungsexportpolitik der Bundesrepublik. Dass die Türkei jetzt deutsche Leopard-Panzer gegen die bislang vom Westen bejubelten Kurden rollen lässt, ist an sich schon ein Albtraum. Nicht ausgeschlossen, dass die Angegriffenen sich bald auch noch mit deutschen Waffen wehren, die die Bundeswehr den Peschmerga-Kämpfern im Nordirak überlassen hatte. Es geht aber nicht nur um Waffen: Das Nato-Mitglied Türkei riskiert einen Konflikt mit dem Nato-Partner USA, die bislang die kurdische Milizen unterstützt haben. Russland kann sich die Hände reiben angesichts der Entwicklung, die einen tiefen Keil in die Nato treibt. Die großen Verlierer sind die Kurden in Syrien: Sie müssen befürchten, dass der Westen sie wieder im Stich lässt.
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